Biberangriff


Die Tage auf den schwarzen Stellen der Kuhhaut Schicksal scheinen vorbei. Seit einer Woche etwa kann ich wieder mit weiter geöffneten Augen durch die Gegend spazieren. Sofort stellen sich die Erlebnisse ein, welche das Lebensgefühl weiter anfachen.

Das Wetter ist entgegen den pessimistischen Voraussagen klimagesteuerter Trockenheit richtig durchwachsen. Abwechselnd Regen und Sonnenschein. Selbst am Straßenrand der Allee, auf der wir mit Hund spazieren gehen, sprießen deswegen die seit langem hier nicht mehr gesehenen Wiesenchampignons. 

Den Gartenrotschwanz konnte ich deutlich bestimmen, auch selten hier in der Stadt. Die weißgraue Katze, welche Hund Kai dicht an sich heranlässt, mir aber vorläufig noch Buckel und Krallen zeigt, wälzte sich unweit von unserer Pausenbank genüsslich in Gras und Staub.

Wir haben angehalten, weil wir einen alten Bekannten trafen, der sich gern in Ruhe unterhalten wollte. Weil er in Kiew ein Marschroutentaxi fährt, sind wir einander lange nicht begegnet. Im Gespräch stellt sich heraus, dass er von seinem Betrieb verpflichtet wurde, aus der Ostukraine Verwundete ins Militärhospital von Belaja Zerkov zu holen. Seine Bemerkung: „Ich habe in Kroatien im UNO-Kontingent schon Krieg erlebt. Nun haben wir den im eigenen Lande. Ob ich zurückkehre, ist ja ungewiss.“ Habe ihm das beim Abschied aufrichtig gewünscht.

Eines Morgens habe ich einer sehr rundlichen Frau geholfen, ihre Lasten auf dem Weg von der Haltestelle des Überlandbusses zum Basar ein Stück zu tragen. Sie hatte vier Packen, die sie in Paaren immer etwa 20 Meter schleppte, abstellte und das zweite Paar nachholte. War sichtlich erfreut, dass ein fast gleichaltriger Mann sich ein Herz gefasst hatte. Bedankte sich überschwänglich. Die Taschen mit etwa zwölf Kilogramm Inhalt jede waren aber recht mühevoll zu tragen. Zu merken, dass der Schwung der Jugend aus Muskeln und Knochen verfliegt. Nur ist der nette Dank eine reine Freude.

Der Stiefsohn hatte an dem Tag noch etwas zu ergänzen. Nicht nur einen unter Wasser harpunierten Wels von sechs Kilogramm. Sondern auch den Bericht über den Kampf mit einem Biber. Dass im Fluss solche leben, hatte ich schon an Bissspuren an dünnen Bäumen in Ufernähe gemerkt, einmal einen schwimmen sehen. Der Junge war unter Wasser an ein ihm bekanntes Baumgerippe gekommen, wo er in den Astverstecken nicht selten schon gewichtige Raubfische aufgespürt hatte. Diesmal kam bei der Annäherung plötzlich etwas Kräftiges von einer Seite auf ihn zugeschossen und rammte ihn an der Schulter, wendete aber sofort. Als er sich dem Angreifer zuwandte, machte der eine elegante Kehrtwendung. Unser Pascha konnte sich nur durch einen Stoß mit dem Kolben der Harpune vorm Angriff  des recht großen Bibers schützen und den vertreiben. Seine Augen glänzten bei seiner leidenschaftlichen Erzählung.

So haben wir alle wieder einige Glücksmomente gesammelt.

Bleiben Sie recht gesund!

Ihr

Siegfried Newiger






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