Lebenspuzzle...



Es ist was Eigenes um die Sammlung von Zitaten. Eines von unserem für mich ersten Klassiker unter den deutschen Dichtern – von Gotthold Ephraim Lessing. Er formulierte vor etwa 200 Jahren: „Lese jeden Tag etwas, was sonst niemand liest. Denke jeden Tag etwas, was sonst niemand denkt. Tue jeden Tag etwas, was sonst niemandem albern genug wäre, zu tun. Es ist schlecht für den Geist, andauernd Teil der Einmütigkeit zu sein.“ 
Dass ich diese Regel zu meinem eigenen Vergnügen und Vorteil schon lange beachte, bewies mir der gestrige Abend. Am zweiten Oktober dieses Jahres habe ich unsere sehr gute Bekannte, die Verkäuferin Olga aus einem kleinen Kiosk in der Nähe, ausgebildete Tierärztin, mit der Bemerkung überrascht, dass in einem Vierteljahr bereits Neujahr ist. Als wir zum Ende des Abendspaziergangs gestern bei ihr am Kiosk ohne Kunden vorbeischauten, fragte sie: „Warum informieren sie mich so schlecht?“ Sie setzte fort, weil ich vor Erstaunen stumm blieb – keine Ahnung, was sie meinte – „Wieviel Tage sind es noch bis Neujahr?“ Wir lachten beide. Heute in der Frühe bekam sie die erbetene Information. Zwei miteinander albernde Erwachsene. Wozu ein Aphoristiker sagte, dies wäre ein gutes Zeichen bei Liebe und Freundschaft.
Für weitere gute Laune bei mir sorgten die „Träume am Morgen“, über welche ich im vorangehenden Post schrieb.  Außerdem ein junger Spaniel der Rasse wie unser Kai. Er raste auf den zu, spielte ein wenig und kam danach freundschaftlich zu mir. Sein Besitzer grüßte mich freundlich.
Etwa 300 m weiter kam ein Dackel von vier Jahren an unserem Rüden vorbei, direkt zu mir, um sich unter dem Kinn kraulen zu lassen. Das war nun schon das fünfte Mal, so dass ich ihn unter meine Hundefreunde einordnen kann. Sieht das Herrchen auch so – grüßt freundlich. 

Daheim, am Laptop, gab es zwei Überraschungen. Leider in Russisch – da brauche ich für das Übersetzen zum Weitergeben einige Zeit. Der erste e-mail „Lasst uns fröhlich gesundtrinken“. Der Untertitel: „50 Gründe, um Alkohol als Medikament einzusetzen.“ Die Sicht auf positive Aspekte des Alkoholgenusses. Mit dem abschließenden Rat: „Vielleicht lassen sie dennoch den Alkohol.“
Der zweite etwas gewichtiger. Ein Bericht über die Veröffentlichung des US-amerikanischen Nationalen Krebsinstituts darüber, dass die gegenwärtige Diagnose- und Behandlungspraxis bei einer Reihe von Krebserkrankungen fehlerhaft und stark reformbedürftig ist. Weil ich kein Mediziner bin, werde ich mit dieser Übersetzung wesentlich mehr Mühe und Zeitaufwand haben. Sie vielleicht auch nicht angehen. Denn wenn sich gegen den Widerstand der Medikamenten-Lobby am 14. April 2016 schon die New York Times unter Bezug auf die Zeitschrift „JAMA Oncology“ (Organ der Amerikanischen Medizinischen Gesellschaft) mit den neusten wissenschaftlichen Erkenntnissen zu genanntem Problem befasste, sollte Bewegung in die Diskussion der Fachleute kommen.
  
Nun noch einen Aphorismus von KGB-Generalleutnant Leonid Scherbaschin, den ich auch im vorangehenden Post erwähnte. Dessen Abschiedsbrief vor seinem Selbstmord 2012 später als geheim eingestuft wurde. Der Inhalt ist also unbekannt.
Er formulierte: „Es ist schwer etwas so Dummes zu sagen, dass dies Russland erstaunt.“

Und ein Vers der Minsker Rentnerin Inna Bronstein:

Welche Wohltat, bequem im Bett zu liegen,
den Schlaf erwartend mit gutem Buch.
Schon hundert Mal las ich diese Prosa –
Sie ist immer neu -  dank der Sklerose.

Unser Leben ist bunt. Miteinander verwoben Frohes und Tragisches, denn meine Frau hat gestern erst erneut Freunden ohne Fahrzeug beigestanden, welche zur Beerdigung einer nahen Verwandten auf ein Dorf in der Nähe mussten. Im Lebenspuzzle fehlt also auch die Farbe schwarz nicht.

Bleiben Sie recht gesund!

Ihr

Siegfried Newiger




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