Weil gestern nachmittags,
eben, als ich den Post in den Blog einfügen wollte, etwas mit der
Energieversorgung im Hause passierte, musste ich das lassen – und dann kamen
auch noch Gäste. Das passiert hier in der Ukraine unangemeldet und ist nach der
Gewöhnung daran etwas Angenehmes. Alles Geschilderte auf dieser Seite passierte
also schon einen Tag früher. Allerdings bin ich zum Ausbessern zu faul… nein,
Sie haben ein Recht auf Genauigkeit.
Vorgestern war das Wetter nach meiner Muttersprache
„durchwachsen“ – bewölkt mit Aufheiterungen, hin und wieder eine kleine Dusche
von ganz oben. Wir liefen mit dem Hund am Fuß eines kleinen Abhangs entlang –
eine abschüssige Lichtung. Unter einem Baum saß eine junge Frau auf einer Decke.
Ich zeigte dem Hund seine Marschrichtung, er befolgte den Wink. Ich sah mir die
Sitzende einen Augenblick genauer an. Sie hatte uns nicht hören können, denn
ich war barfuß. In einem eigenwillig gefärbten und geschnittenen Kleid, auf dem
Kopf so etwas wie eine mittelasiatische Tubeteijka, saß sie mit geschlossenen
Augen im leichten Regen. Eindeutig meditierend. Ich ging weiter. Tiefer als bis
auf die Haut kommt sowieso keiner der Tropfen von oben. Nach einer kleinen
Weile hörte das Nieseln auf, ein paar Sonnenstrahlen lugten durch die dünne Wolkendecke.
Der vorweg nach Hause laufende Hund hatte die Meditierende gewittert und wollte
zu ihr – ich konnte das mit einem leisen Pfiff unterbinden.
Weiter auf dem Heimweg kam uns eine Joggerin entgegen
gelaufen, schlank und hübsch. Allerdings auch weltfern. Denn in den Ohren
steckten die Stöpsel des CD-Players. Also Musik, die auch daheim zu haben ist,
an Stelle lebendiger Geräusche aus Wald und Feld. Werden wir uns auch bald Stöpsel in die Nase
tun, um die Natur nicht riechen zu müssen? Ein wenig deprimierend schon …
Gestern dafür eine Überraschung nach der anderen. Das
Wetter wie die letzten Tage vor dem großen Regen – klar und warm schon am
Morgen.
Als wir etwa 3 km – ich raschen Schrittes zum Schwitzen –
hinter uns hatten, ertönte aus einer buschbestandenen kleinen Freifläche das
Knurren eines großen Hundes. Ich rief meinen Kai zu mir, damit der sich nicht
neugierig dorthin begab. Nur: das war ein halbnackter junger Mann in einem offenen Doppelzelt, der noch
nicht ausgeschlafen hatte. Seine ebenfalls noch schlafende, freigestrampelte
Partnerin zeigte Top-Toples --)). Nach kurzem Blick auf die hübsche „Hügellandschaft“
zogen wir weiter.
Uns überholte auf dem Fahrrad eine junge Frau, die ich
kenne. Wir grüßten einander. Hinter ihr lief ein kräftiger schwarzer Alabai-Rüde.
Die Familie züchtet diese meine Lieblingshunde. Der Hund war seiner selbst
sicher, den relativ zu ihm kleinen Jagdspaniel beachtete er einfach nicht. Kai
war auch erfahren genug, sich nicht auf den Riesen zuzubewegen.
Nach etwa 5 Minuten waren wir an unserer Bucht, ich zog
mich nackt aus und wir gingen schwimmen. Eine Viertelstunde später marschierte
ich, die Kleidungsstücke gebündelt, zum Trocknen nackt den Feldweg entlang. Durch
eine Lücke in den Akazienzweigen erblickte ich plötzlich den schwarzen Alabai und
etwas dahinter die junge Frau im Evaskostüm. Sie konnte ja meine Angewohnheit
nicht kennen und hatte sich an eigentlich recht uneinsehbarer Stelle ebenfalls
ein Bad gegönnt. Ein unvergesslicher Anblick – den ich bescheiden nur kurz genoss.
Bin doch kein Spanner!
Beim Abendspaziergang dann noch eine neugierige Mädchengruppe.
Als wir auf dem Hinweg an ihnen vorbeigingen, kicherten sie, ohne dass ich den
Grund erfasste. Auf dem Rückweg die Frage: „Opa, hallo Opa.“ Da niemand
passenden Alters in der Nähe war, konnte nur ich gemeint sein. Also: „Guten
Abend, ihr Kleinen. Wessen Opa bin ich denn?“ Die Pfiffigste antworte: „Sie
könnten meiner sein.“ „Einverstanden. Was gibt es denn?“ Erwartet hatte ich die
Frage nach dem Namen des Hundes oder seiner Rasse. Aber eine relativ ruhig aussehende
Blondine fragte: „Sagen sie bitte, wer von uns recht hat. Tragen sie die Damenstrumpfhosen,
um schönere Beine zu haben oder aus medizinischen Gründen?“ Da war ich einen
Augenblick sprachlos. Dann: „Die krummen Beine sind damit nicht gerade zu
biegen – einverstanden.“ Ich zog ein wenig das Gewebe auseinander, sehr schwer.
„Das sind Elastikhosen, welche mich vor Thrombophlebitis bewahren, also mein
Leben retten.“ Sie waren einen Augenblick sehr ernst, bis eine rief: „Da habe
ich recht gehabt!“ Im Chor: „Danke“ Auf Wiedersehen!“
Kleines, angenehmes
Erlebnis der anderen Art. Zum stillen Freuen.
Heute in der Morgenfrühe sah ich einen Angler, der für seine
nicht selten eigenartigen Antworten bekannt ist. Er saß mit dem Rücken zu mir
und aß etwas. Ich rief: „Guten Morgen und guten Appetit!“ Er drehte sich zu mir
um und sagte, ohne mit der Wimper zu zucken: „Die heiße Bockwurst habe ich
soeben gefangen. War sogar Senf drauf.“ Wir lachten beide herzlich.
So sehen – wenn auch nicht jeden Tag – meine „Guten
Morgen!“ aus.
Bleiben Sie recht
gesund!
Ihr
Siegfried Newiger