Es war gestern am
Morgen schwülwarm. Die Damen der Schöpfung entsprechend leicht bekleidet.
Erstmalig machte ich mir darüber Gedanken, weshalb sie so eigenartig handeln.
Die erste Mittzwanzigerin, welche mir begegnete, zupfte an ihrer Bluse,
scheinbar um den freigiebigen, hübsch gefüllten Ausschnitt vor meiner Einsicht
zu verkleinern. Warum hatte sie das nicht schon vor dem Verlassen ihrer Wohnung
getan? Die nächste, etwa gleichaltrige junge Frau hatte ihre hübschen Beine bis
weit über die Knie freigelegt. Zog in Blickkontakt mit mir an dem recht
kurzen Rock, als ob sie einen größeren Teil ihrer gesund gebräunten
Oberschenkel nachträglich ein wenig bedecken wollte. Erneut die Frage: weshalb
erst nach meinen Blicken? Ich bilde mir mit knapp 80 Jahren nicht mehr ein,
dass meine Augen beim Anblick weiblicher Schönheit „versengend“ strahlen.
Dann
fiel der Groschen.
Die Reaktionen beider Hübschen sind ganz natürlich,
stereotyp. Damit ja kein Mann das offenherzige Angebot übersieht – wie alt der
auch ist – sie weisen mit der anscheinend verschämten Geste der Hand darauf
hin: schau her, hier gibt es etwas für dich Bemerkenswertes. Mädels, das sehe
ich gern. So, wie es nach meiner Meinung Pablo Picasso sagte: „Trinkt, ihr
Augen, trinkt.“
Danach trafen wir den weißen Samojeden. Eigentlich dürfte der
Hund nicht, was an ihm zu sehen ist. Denn Gottfried Keller meinte: „Zum Lachen
braucht es immer ein wenig Geist; das Tier lacht nicht.“ Allerdings haben die
Samojedenhunde so eigenwillig gestellte Augen und verziehen ab und an ihre
Miene so, dass es aussieht, als ob das Tier lächelt. Das sah ich heute zum
ersten Mal.
Zum Ende des Spazierganges kam uns eine Frau mit nur noch einem
Hund entgegen. Ich befahl Kai, das kleine Tier in Ruhe zu lassen. Er gehorchte.
Da mischte sich die Herrin des Tierchens ein. „Ihr Hund ist doch gutmütig.
Lassen sie die beiden ruhig einander beschnuppern. Meinem Hündchen fehlt
Gesellschaft. Unser zweiter ist gestorben. Das ist bemerkbar, war ja ein
Mitglied der Familie.“ Das konnte ich nachempfinden.
Überraschend fragte die
Dame: „Sagen sie bitte – ich sehe sie in der Straße schon recht lange – wie alt
sind sie?“ Als sie mein Alter erfuhr, sagte sie: „Sie sehen für das Alter noch
sehr rüstig aus. Leben sie noch lange und gesund.“ Den Wunsch gab ich mit Dank
zurück.
Als letztes am Erlebnis Dienstag: mir wurde eine kleine bemerkenswerte Aufzählung in
Russisch zugeschickt.
Hier ist die
Übersetzung.
Danken Sie dem
Schöpfer…
Jedes Mal, wenn ich
die laufenden Klagen aus meiner Umgebung über das Leben höre, über
unzureichendes Geld, über kleine Streits und Beleidigungen…
Jedes Mal, wenn ich
die mich ärgernde Bemerkung von Leuten höre, die es warm haben und satt sind:
„Na ja, wie kann es noch schlimmer sein?!“ …
Jedes Mal erinnere
ich mich an die berühmten Worte von Georg Karlin. Er wusste, was er sagte,
nicht vom Hörensagen.
„Danken sie dem
Schöpfer dafür, dass sie erfassen:
· *
wie ihr
Ehepartner jede Nacht die Decke zu sich hinüberzieht, denn er schläft bei ihnen
und
zieht nicht irgendwo umher;
· * den
Teenager, der Fernsehen schaut statt abzuwaschen – weil er daheim ist und nicht
durch
die Straßen schlendert;
· *
die zu
zahlenden Steuern, denn das bedeutet doch, dass sie Arbeit haben;
· *
für das
Aufräumen nach jeder Party – denn sie haben noch Freunde;
·
* die
Kleidung, die zu klein wurde – sie haben also genug zum Essen;
· *
den zu
mähenden Rasen und die zu wischenden Fußböden – denn sie haben doch ein Haus;
· Beschwerden
über die Behörden – sie genießen Meinungsfreiheit;
· *
die
Parklücke, welche sie ganz hinten auf dem Parkplatz fanden, denn sie können
noch gehen
und haben ein eigenes Auto;
· *
die
hohe Rechnung für die Heizung – sie haben es warm;
· *
den
wenig harmonischen Gesang einer Dame auf der Party – sie können das noch
deutlich
hören;
· * den
Berg Schmutzwäsche, den es zu waschen gilt – sie und ihre Familie haben
ausreichend
anzuziehen;
· *
das
Klingeln des Weckers in aller Herrgottsfrühe – denn sie leben noch;
·
* alle
e-mails – denn ihre Freunde denken an sie.
Mit einem Satz aus
der Aufzählung bin ich nicht einverstanden. „… den Teenager, der Fernsehen
schaut statt abzuwaschen – weil er daheim ist und nicht durch die Straßen
zieht;…“. Wenn da stände: „Den Teenager, der Schulaufgaben gemacht, Abwasch und
Einkauf erledigt und sich im Sportklub getummelt hat, nun aber vor dem
Fernseher eingeschlafen ist… und nicht durch die Straßen zieht;“ – dann würde
ich meinen: der junge Mensch ist sehr gut auf die Anforderungen des täglichen
Lebens vorbereitet. Durch seine lieben verständnisvollen Eltern. Die sich dafür
loben dürfen. Denn nicht alles, was dem Schöpfer überlassen wird, kann der
erledigen.
Wie sagte Thomas von Aquin vor rund750 Jahren: „Für
Wunder muss man beten. Für Veränderungen aber arbeiten.“
Bleiben Sie recht
gesund!
Ihr
Siegfried Newiger
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