Übriggebliebene...




Ein eigenartiger Titel – richtig? Wird gleich klar werden.
Am vergangenen Dienstag kam mir morgens beim Spaziergang auf der Allee ein Mann entgegen, den ich schon lange nicht gesehen hatte. Ein sehr kontaktfreudiger Angler. Ihn habe ich wegen seiner drolligen und fantastischen Geschichten am Fluss immer „Kapitän Wrungel genannt. Also nach einem Kinderfilm – übersetzt etwa „Kapitän Lügenbold“. Als wir einander erkannten, lächelten wir beide. Denn insgeheim hatten wir einander schon in der anderen Welt gewähnt. Von ihm erfuhr ich, dass er nach seinem leichten Schlaganfall wieder genesen ist und vorläufig seine regelmäßigen Spaziergänge unweit seiner Wohnung macht. Ihm konnte ich über die Gründe meiner seltenen Spaziergänge auf seiner Route berichten. Im weiteren erfuhr ich Betrübliches – vom Ableben eines gemeinsamen Bekannten, eines Anglers. Danach kamen wir beide zu dem Schluss: wie gut, dass wir die Radieschen noch nicht von unten betrachten. Schieden in guter Stimmung voneinander.

Am darauf folgenden Mittwoch hatte ich ein ähnliches  Erlebnis. Die etwa 70-jährigeFrau, Pani Tetjana, war aus Altersgründen zu ihrer Tochter in eine andere Stadt gezogen. Aus einem eigenen Häuschen in Nähe der Holzbrücke.  Der ich hin und wieder von reichlich geangelten Fischen etwas abgab. Berichtete mir, dass sie zu Besuch beim Enkel in jenem Hause sei, um ihren Urenkel kennen zu lernen. Sie war bei Begegnungen immer eine nette Gesprächspartnerin. Das auch dieses Mal. In unserer Unterhaltung sagte sie plötzlich: „Mit ihrem großen Hund wirkten sie solider.“ Für mich unerwartet – dass sie sich an unseren Athos erinnerte.Das war der schöne Hund – ein Alabai, auch turkmenischer Wolfswürger genannt.
Dieses Tier hat in unserem Leben eine besondere Rolle gespielt. Durch einen glücklichen Umstand sind wir beide aus dem Eis gerettet worden. Dass Pani Tetjana sich an uns als unzertrennliches Paar noch heute erinnert, gab unserem Gespräch seine besondere Note. Wir beide waren über unser Wiedersehen erfreut und wünschten einander beim Abschied das Allerbeste. Nämlich gute Gesundheit.

Nun zum gestrigen Morgenspaziergang. Wieder einmal am Flussufer entlang. Die relativ dünne Eisdecke war inzwischen weiträumig wieder getaut. Sie hatte unter den viel zu wagemutigen oder unvernünftigen Eisanglern in diesem Vorwinter schon drei Todesopfer gekostet. Wir waren nach etwa zwei Kilometern auf dem Rückweg, als uns drei Männer mit ihren jugendlich tollenden großen Hunden entgegen kamen. Ein bekannter großer Schäferhund, die ebenfalls bekannte riesige deutsche Dogge und mein bewunderter japanischer Wolfsspitz (Akita), Ljowa (Löwe genannt). Kai als alter Herr setzte sich mit knurren und knuffen gegen die übermütigen „Hundelümmeln“ durch. Als Ljowa mich wahrnahm,  kam der rötlichfarbene große Hund auf mich zugesprungen und stand an mir hoch. Wie ich das einst von Athos gewohnt war: die Vorderpfoten auf meine Schulteransätze und mit der Zunge meine Nase waschend. Nur ein Hundefreund kann wirklich verstehen, wie viel diese Art der Begrüßung mir wert ist. Zumal ich nach der ersten Serie zu der Entwicklung unserer Haushunde auf dem Kanal „Discovery“ eine noch gründlichere Einsicht in das Wesen dieser unserer Freunde bekommen habe. Außerdem habe ich das Video zum Denkmal für den treuen Akita Hachito in Japan gesehen. Deshalb ist mir oben geschildertes Verhalten von Ljowa besonders teuer. Sein Herrchen musste den Hund mit etwas Krafteinsatz von mir trennen.

Heute war nachts wieder Schnee gefallen und wir zogen die Allee für unseren Spaziergang vor. Als Kai sich etwas zu weit von mir entfernte, pfiff ich. Der neben mir laufende Halter eines an der Leine laufenden Dackels bemerkte, dass der Hund mich nicht gehört habe, als Kaianhielt. Er drehte seinen Kopf sehr langsam in meine Richtung. Ich spreizte den rechten Arm etwa dreißig Grad vom Körper ab, wobei ich meinem Nebenmannsagte, dass der Kai gleich kommen würde. Der lachte – wurde aber sofort ernst, als unser Hund sich im Trab auf den Weg zu mir machte. Ein Erziehungserfolg und Grund zu guter Laune.

Bleiben Sie recht gesund!

Ihr

Siegfried Newiger





 

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