Aus dem Leben eines Tauge-noch-was 1

Joseph Freiherr von Eichendorff hat vor fast 200 Jahren "Aus dem Leben eines Taugenichts" geschrieben. Sein Held ist immer hin und her gerissen zwischen Pflichterfüllung und "freiem Treibenlassen" in Erwartung romantischer Erlebnisse. Der Romantiker Eichendorff wollte nach Meinung seine Interpreten den mehr auf das reale Leben schauenden Klassiker Goethe ironisieren. Denn Johann Wolfgang schrieb doch unter anderem:

Was verkürzt mir die Zeit? Tätigkeit.
Was macht sie unerträglich lang? Müßiggang.
Was bringt in Schulden? Harren und dulden.
Was macht gewinnen? Nicht lange besinnen.
Was bringt zu Ehren? Sich wehren.

Die glücklicherweise auch heute noch anzutreffenden Romantiker möchten wie Eichendorffs Held gern die weite Welt bereisen, um den Pflichten des Alltags auszuweichen. Leben in den Tag hinein? Die Natur in allen ihren Erscheinungsformen finden und lieben lernen -was sie meist auch so vorgeben?

Sie nennen das "Freiheit" - und sind angeblich bereit, alle damit verbundenen Widrigkeiten zu ertragen. Manche berufen sich auf den römischen Kaiser und Philosophen Marc Aurel, welcher vor rund 1900 Jahren formulierte: "Die Aufgabe des Lebens besteht nicht darin, auf der Seite einer Mehrzahl zu stehen, sondern dem inneren Gesetz gemäß zu leben."

Na ja, der war eben auch Kaiser ... Die damals noch nicht geschriebenen Verse von Johann Wolfgang gingen doch mehr die Menge seiner Untertanen an - wie heute jeden beruflich eingespannten Menschen.

Was hat das mit der eigenartigen Überschrift zu tun?

Wer meint, Altersrente sei der Weg zum erfüllten Leben - den lasse ich bei seiner Meinung. Denn im "Stern", Nr.24 von 06.06.2012 bestätigte die Altersforscherin Ursula Staudinger aus Bremen auf Seite 91 meine Meinung: "Die meisten Menschen haben keine Vorstellung davon, was in der Tiefe des Ruhestandes passiert. Es ist eine freie, unstrukturierte Zeit, die nebulöse Seligkeitsversprechungen in sich birgt."  Empfehlung: lesen Sie den Artikel unbedingt , wenn Sie über 40 Jahre alt sind.


Als ich im Jahre 2000 vorzeitig in Rente gehen musste, hatte ich verdammtes Glück. Ich bekam Angebote, meine Sprachkenntnisse und das Wissen um die Mentalität meiner lieben Slaven im Interesse deutscher Mittelstandsbetriebe "auf Abruf" einzusetzen. Dann kamen meine Freunde aus Kiew mit einigen Projekten recht ungewöhnlicher Art auf mich zu - ich wurde "freier unbezahlter Mitarbeiter" aus Interesse. Schließlich überedete mich jemand, doch auch ins Internet "einzusteigen".


Nun erfüllt sich, was in der DDR Spruchweisheit war: "Rentner haben niemals Zeit."


Mit 75 Jahren fühle ich mich gesund und gebraucht. An der Umfrage im "Stern" unter http://www.stern.de/grossefreiheit werde ich mich beteiligen. Nach Frau Staudingers Devise: "Den Ruhestand zum Unruhestand machen."


Der Teil 2 wird über ein Erlebnis berichten, das ich erst hinter mich gebracht habe. Mit sehr interessanten Persönlichkeiten und einer beeindruckenden technischen Leistung aus Deutschland. 


Bleiben Sie recht gesund!


Ihr


Siegfried Newiger





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