Gestern beim Morgenspaziergang saßen auf einer Parkbank schräg gegenüber
dem hiesigen Armeelazarett drei Personen. Die Frau, welche hemmungslos weinte,
hatte ihren Kopf an die Schulter eines der Männer gelehnt. Er streichelte etwas
unbeholfen, aber deutlich zärtlich ihren Kopf. Den Grund ihres Kummers konnte
ich nur ahnen. So früh und gegenüber einem speziellen Krankenhaus…
Es liegt mir
fern, das Leid Dritter als etwas zu beschreiben, was meine Stimmung aufbessert.
Dennoch: ich war beim Weitergehen etwas erleichtert. Sie wird noch gesprochen –
die Muttersprache der Liebe – die Zärtlichkeit. Deshalb erlaube ich mir mit Johann
Wolfgang von Goethe nicht nur zu sagen, sondern vor allem zu fühlen: „Wahrheitsliebe
zeigt sich darin, dass man überall das Gute zu finden und zu schätzen weiß.“
Auch in einer für Dritte andersartigen Situation.
Auf dem Rückweg blieb der
Hund vor einer der Straßenhändlerinnen gegenüber der Markthalle stehen. Sie rief
ihn zu sich heran, um sich danach mir zuzuwenden. Es war eine gute Bekannte aus
einem Dorf in unmittelbarer Nähe. Aus ihrem schmalen Angebot an frischem Salat,
Knoblauchzwiebeln und Hühnereiern drängte sie mir regelrecht jeweils eine
Portion der ersteren auf, bestellte Grüße an meine Natascha. Eier anzunehmen hatte
ich mich nachdrücklich geweigert. Sie waren für sie unter ihren Waren die Haupteinnahmequelle.
Außerdem hatte ich am Vortag zwanzig davon auf dem Markt eingekauft.
Daheim angekommen,
wurde ich informiert, dass unser Freund Volodja nachmittags mit Gefährtin zu
uns kommen würde. Er sei doch Weißrusse, mit Spitznamen also ein „bulbasch“,
wie die Kartoffel dort heißt. Natascha schlug mir vor, Teig für Kartoffelpuffer
(Kartoffelplinsen, auch Reibekuchen) nach meinem Spezialrezept vorzubereiten.
Dabei kommen außer geriebenen Kartoffeln auch noch geriebene Möhren, Äpfel und
Zwiebeln in die Masse. Auf drei große Kartoffeln je eine Mohrrübe, eine
mittlere Zwiebel und ein mittlerer Apfel. Hühnereier, Mehl und Salz nach
Belieben. Wenn der erste Puffer nicht abbindet, Eier und Mehl der Masse zufügen.
Der Besuch wurde dank Volodja bis dahin nicht bekannter Mischung und den daraus
gebackenen Plinsen ein voller kulinarischer Erfolg.
Als ich abends den Hund
Gassi führte, kam aus der Tür zur Apotheke ein etwa vier Jahre altes Mädelchen
gelaufen. Direkt auf mich zu. Es fragte bittend: „Darf ich ihren Hund
streicheln?“ Das erlaubte ich, weil der Kai gut erzogen ist und zu einer besonders
kinderfreundlichen Rasse gehört. Sie wühlte sich regelrecht in sein sauberes Fell,
hatte besonderes Vergnügen mit den langen und zottelig herabhängenden Ohren.
Fragte mich nach Namen und Rasse des Hundes. Bedankte sich nach einiger Zeit mit
leuchtenden Augen bei Hund und Herrchen.
Recht hatte Dante Aligherie mit seinem
Satz: „Drei Dinge sind uns aus dem Paradies geblieben: die Sterne der Nacht,
die Blumen des Tages und die Augen der Kinder.“
Heute nun hat unser Kater uns ein
besonderes Erlebnis verschafft. Der norwegische Waldkater, von der Färbung und Musterung
ein wahrer Stubentiger, dazu um die sieben Kilogramm schwer und schon fast
zwölf Jahre alt, lag auf dem Balkon. Meine Frau gab mir ihre Bestellung für die
Einkäufe auf dem Basar bekannt, als auf dem Balkon Lärm begann. Natascha hatte
die Tür im Blick. Sie war mit einem Satz am Ort der Handlung und entriss mit etwas
Kraft dem Kater seine Beute – einen Mauersegler.
Wie der sehr rasch fliegende
Vogel auf unseren Balkon kam, ist nur zu raten. Dass aber der schon bejahrte
Kater ihn dort packte, war für uns eine Überraschung. Zwar hat Darik schon drei
Fledermäuse und eine Taube erbeutet – nur war er da wesentlich jünger. Die
Taube konnte ich damals befreien – zwei Fledermäuse waren nicht zu retten gewesen.
Der Kater war Natascha böse, umging sie murrend. Obwohl der Mauersegler sowohl
Frau als auch Kater mit dem Schnabel empfindlich bearbeitet hatte.
Das kleine
Ereignis vom Sonntag beendete ein Woche, die auch andere kleine bemerkenswerte Erlebnisse
gebracht hatte.
Bleiben Sie recht gesund!
Ihr
Siegfried Newiger
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