Herzschrittmacher


Am 26.12.2007 eröffnete mir der Chefarzt bei der Visite, dass die ärztliche Notwendigkeit besteht, meine Herzrhythmusstörungen durch Implantation eines Herzschrittmachers zu bekämpfen. Deshalb würde ich auf Station bleiben und für die am 09.01.2008 geplante Operation vorbereitet werden. Am Folgetag liefen diese Vorbereitungen mit den üblichen Prozeduren an. 
Außerdem kam die zurückgekehrte Svetlana, um mir etwas zu der Reise mit Mutti in die Ukraine zu berichten. In ihrer unnachahmlichen Art nahm die sich dank eigenwilliger Formulierungen recht spaßig aus. 
Der Übergang ins Jahr 2008 war unspektakulär, nicht so wie unter „Dr. Meyer II“ aus dem sowjetischen Krankenhaus berichtet. 
Allerdings bat mich ein älterer Patient, dem ich ab und an geholfen hatte, um einen Gefallen. Man verlegte ihn wegen des fortgeschrittenen Stadiums seines Lungenkrebses in eine Spezialklinik. Er hätte seinen guten Nachbarn, die ich zu Weihnachten kennengelernt hatte, sein Eigentum vererbt. Ich möchte denen doch, wenn sie kämen, den Platz des Testaments nennen. Er hätte zu mir Vertrauen. Ich wollte ihn aufmuntern, nur er sagte: „Ich will nicht mehr kämpfen. Ich will nur noch zu meiner lieben Frau.“ Ihm versprach und hielt ich alles.  
Am 08. Januar kam der Operateur, um mir die Abläufe zu erläutern. Nach unserer Unterhaltung meinte er plötzlich: „Sie strahlen einen solchen Lebensmut aus, dass ich ihnen unser neuestes Modell des Peacemakers einsetzen werde. Zwar einiges teurer als ein gewöhnlicher – aber die Kritik werde ich überleben. Zumal sie mir psychologisch stabil genug erscheinen, eventuelle besondere Situationen zu verkraften.“ 
Die kamen tatsächlich. Nachdem am folgenden Morgen die übliche OP-Vorbereitung erfolgt war, kam ich „auf den Tisch“. Die nette Schwester, welche mir die Blutdruckmanschette anlegte, sagte einige Worte zu ihrer Kollegin. Ich hörte den slawischen Akzent und fragte auf gut Glück in Russisch: „Woher sind sie denn?“ „Aus Krasnojarsk!“ erfolgte die erstaunte Antwort. Wir beide unterhielten uns in ihrer Muttersprache, bis der Operateur unterbrach – er benötige Druck und Puls in Deutsch. Dieses kleine Intermezzo sah ich als ein gutes Omen für die gesamte OP an. 
Da der Eingriff bei örtlicher Betäubung geschah, konnte ich ihn akustisch erfassen. Deshalb bekam ich auch das Gespräch der beiden Ärzte mit – dessen am Skalpell, jenes hinter meinem Kopf, der zum Hersteller des hier erstmalig eingesetzten Schrittmachers per Handy nach München anrief. Dann ging dieses Gespräch darum, wie bei einem bestimmten Wert die Einstellung des schon unter meiner Haut platzierten Geräts richtig sei. Danach wurde nochmals durchgemessen und die Wunde verschlossen. 
Die Kranojarskerin verabschiedete sich mit leichtem Händedruck auf meine andere Schulter. Ihr wünschte ich gute Gesundheit. 
Heilung und Abschlusskontrolle verliefen ohne Beanstandungen – der Übergangswiderstand zu den Sensoren war sogar erstaunlich gut. Die turnusgemäße Nachkontrolle ein Vierteljahr später zeigte ebenfalls ein hoch befriedigendes Ergebnis. Die letzte Kontrolle im April dieses Jahres bewies, dass der störungsfreie Betrieb mit der vor sieben Jahren eingesetzten Batterie noch für zehn weitere Jahre gewährlistet ist.
Keiner der Beteiligten konnte ahnen, dass der neue, nach dem Kriterium „Lebensenergie“ ausgewählte hochmoderne Schrittmacher bei Dr. Meyer ebenfalls eine Rolle spielen sollte.

Bleiben Sie recht gesund! 

Ihr 

Siegfried Newiger  




    

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