Abenteuer Alltag 1

Auch wenn ich in einem früheren Blog (Mein Autowerk für nur 1 Euro?) meine Meinung zur Motorisierung der Gesellschaft geäußert hatte – ab und an wäre das eigene Fahrzeug nützlich. Denn am 07. März musste ich in der Großstadt Berlin drei Dinge unter einen Hut bringen: einen Besuch beim Arzt meines Vertrauens in Friedrichshain, bei der Ausländerbehörde in Mitte und bei der Kontrollstelle für meinen Herzschrittmacher im St.-Hedwigs-Krankenhaus – fast im Wedding. Von meiner Behausung bei Freunden im Fischerkietz ging es also strahlenförmig nach drei Seiten weg. Aufgabe 1 – weil nicht mit Termin – brachte Zeitverzögerung im Wartezimmer meines Hausarztes. Dadurch geriet der Termin bei der Ausländerbehörde in Gefahr.

Allerdings wurde ich mit dem aktuellsten Witz belohnt.
Der Herrgott bestellte die drei einflussreichsten Persönlichkeiten zu sich: Obama, Putin und Angela Merkel. Er teilte ihnen mit, dass sich der Maya-Kalender erfüllen würde – sie sollten ihre Völker auf den Weltuntergang am 12.12.2012 vorbereiten.
Barack Obama rief den Kongress zusammen. „Meine Damen und Herren, für sie habe ich eine gute und eine schlechte Nachricht. Die gute: Gott lebt, ich war bei ihm. Die schlechte: am 12.12.2012 ruft er uns, das ganze amerikanische Volk, unwiderruflich zu sich.“
Wladimir Putin tritt vor die russische Duma: „Meine Damen und Herren, leider habe ich heute zwei schlechte Nachrichten für uns. Die erste: Gott existiert doch, im musste zu ihm. Die zweite: nach seinem Ratschluss ist es am 12.12.2012 mit uns allen zu Ende.“
Angela bittet den Bundestag um eine Sondersitzung. „Meine Damen und Herren, ich habe zwei gute Nachrichten für sie. Die erste: Gott lebt, er hat mich empfangen. Die zweite: ich bleibe Kanzlerin auf Lebenszeit.“

Auf den letzten Pfiff packte ich den Termin bei der Ausländerbehörde. Aber auch da eine kleine technische Besonderheit. Das Zahlen mit einer Geldkarte war plötzlich blockiert. Zum Glück bekam der Kollege die Sache nach etwa 10 Minuten doch in den Griff.

Im Krankenhaus kam ich rechtzeitig an.
In das gemeinsame Wartezimmer für EKG und auch Schrittmacherkontrolle schlenderten zwei junge Mädchen. Das Gesicht der etwas älteren sah fast aus wie der Kettenpanzer eines Ritters aus dem Mittelalter. So viel Piercing auf einer Fläche hatte ich bisher noch nie gesehen. Ihre etwas bescheidenere Freundin hatte nur ein wenig Gerassel in beiden Ohrmuscheln, dazu zwei symmetrisch von den Mundwinkeln entfernte dicke, mit Kunstperlen besetzte Ringe in der Oberlippe. Allerdings hingen die Säume ihrer schlotterigen Hosenbeine etwa 20-25 cm lang auf dem Fußboden. Was tun?
Junge „Persönlichkeiten“ mit extrem so ausgeprägtem Geschmack reagieren gewöhnlich etwas aggressiv auf jeden Hauch von Kritik. Also wendete ich mich, als die erste Platz genommen und die andere sich schräg vor ihr aufgebaut hatte, in einer „Schnatterpause“ an die Ältere. „Darf ich sie etwas fragen?“ Sie ging innerlich auf „kontra“, das war zu sehen, aber sie nickte. „Mich interessieren nicht ihre Vorlieben für extravaganten Schmuck. Wollen sie mit verhindern, dass ihre Freundin hier im Haus auf die Unfallstation kommt?“ Sie sah mich irritiert an, die Freundin drehte sich zu mir. „Meine Mutti hat mir vor 50 Jahren gesagt, ich möchte Menschen warnen, wenn ich Gefahr für sie sehe. Wenn sie – ich sprach direkt die Freundin an -  in Eile sind und jemand tritt ihnen zufällig auf eines der „Seile“ dort unten – dann schießen sie Kobolz. Das kann sehr weh tun. Wenn dann noch gerade ein Radfahren oder gar ein Auto zur Stelle sind, überlasse ich den Rest ihrer Fantasie.“  Da sahen mich beide sehr aufmerksam an und das Mädel mit den unnötigen „Zipfeln“ sagte ganz normal: „Danke, so habe ich das bisher noch nicht gesehen. Die Strippen werden gleich nachher abgeschnitten. Danke.“
Wie hieß es früher: ich trug mir ein Bienchen ein für eine gute Tat.

Auf dem Heimweg saß in der U-Bahnstation eine junge Frau im Rollstuhl, die vor sich hin lächelte. Wer meinen Post „Behindert oder beschränkt …?“ gelesen hat – er ist im Archiv – weiß, dass ich manchmal auch von unerwarteten Reaktionen überrascht werde. Hier glaubte ich jemanden vor mir zu sehen, der mental bereit war, mir auf die Frage nach einer im oben genannten Post erwähnten eigenartigen Situation zu antworten. Ich ging also nach Schließen der Abteiltüren vorsichtig auf sie zu, wünschte einen guten Tag und stellte mich vor, bat um ein „Interwiev“. Bald waren wir in bester Unterhaltung und sie sagte mir ihre Meinung, um die ich gebeten hatte. „Ich glaube sicher, dass die junge Frau, von der sie sprachen, nicht in einen Karteikasten „Invaliden“ gesteckt werden wollte. Wir sind doch alle, obwohl in bestimmten körperlichen Bereichen sehr unterschiedlich eingeschränkt, eigenwillige Persönlichkeiten. Also wünschen wir uns, dass unsere Gesprächspartner genügend Feingefühl haben, uns als eben Persönlichkeit zu sehen.“ Wir haben  danach sehr lebhaft und engagiert andere Themen besprochen – wir „konnten miteinander“, verabschiedeten uns zum Schluss herzlich und voller Achtung für den Anderen.

Bleiben Sie recht gesund!

Ihr

Siegfried Newiger

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