Einzelgänger ...

Das war am 02. März, nach dem Morgenspaziergang mit unserem Hund. Es war Brot zu holen, Möhren und Äpfel vom Markt. In unserer Familie die Einkäufe auf dem Basar im Wesentlichen meine Aufgabe.
Schon beim Gassi-gehen das erste morgendliche Abenteuer. Unser russischer Jagdspaniel hat eine extrem feine Nase. Die Tropfspur der läufigen Hündin hatte er sicher schon auf dem Hinweg ausgemacht, aber wie sich später erwies, listig „vergessen“. Ich hatte gesehen, dass er an einer Stelle aufgeregt umhergelaufen war, ihn per Kommando an meine Seite gerufen. Er kam sehr widerwillig.
Als wir nach etwa 200 m umkehrten, machte er sich plötzlich auf und davon. Weder Rufen noch Pfeifen konnten ihn stoppen. Ich ahnte, dass die „Leinenzeit“ begann.  Denn als ich, ihn rasch verfolgend, in einen Hof eingebogen war, balgte er schon mit einigen anderen herrenlosen Rüden. Die Hundedame, ebenfalls herrenlos, sah dem Gebeiße zu. Kai konnte sich durchsetzen und begann, die Hündin zu bedrängen. Jene entzog sich ihm, war wahrscheinlich schon durch einen oder mehrere aus dem Rudel belegt worden und damit fortpflanzungsmüde. Er aber trieb sie vor sich her, ohne mich besonders zu beachten. In einer Ecke konnte ich ihn bei einem der langen Ohren erwischen, obwohl er nach mir schnappte. Der Trieb ließ ihn alle Erziehung vergessen. Die Meute zog ab, ich zerrte ihn in Ermangelung der Leine sanft an seinen Ohren einige Meter auf unseren Hauseingang zu, bis sein Widerstand nachließ. Dann „redete ich ihm ins Gewissen“ und befahl: „Nach Hause!“ Sich immer wieder nach der „verpassten Gelegenheit“ umsehend, schlich er mehr denn er ging heim.

Meiner Frau empfahl ich sofort, während meiner Abwesenheit doch mit dem angeleinten Hund spazieren zu gehen, um nicht überrascht zu werden. Leider sind in der Stadt noch keine Bemühungen zu erkennen, auf vernünftige Weise das Problem streunender Hunde zu lösen. So sind immer wieder verkrüppelte Tiere zu sehen, welche unter Fahrzeuge gekommen waren. Auch die Kraftfahrer schimpfen – es kommen ständig Unfälle vor, weil unerwartet vor dem Auto Hunde auftauchen.

Auf dem Außenthermometer am Küchenfenster waren +5 Grad Celsius abzulesen. Deshalb ging ich, die Windjacke weit geöffnet, durch den Schneematsch zum Basar. Auf der Hälfte des Weges kam ein Mann so auf mich zu, dass ich nicht ausweichen konnte. Er baute sich vor mir auf, reichte mir seine Hand, wünschte Guten Tag! und setzte fort: „Wann werden sie die kurzen Hosen anziehen?“ Ich war verdutzt. „Sie kennen mich nicht. Ich aber sehe sie schon Jahre, wie sie mit Willen und Konsequenz sich abhärten. Das finde ich sehr vernünftig. Wollte ich einmal gesagt haben.“ Ich fragte: „Wenn sie das so sehen – machen sie doch einfach mit.“ Er lächelte. „Da fehlt mir eine Kleinigkeit – an Willen. Bleiben sie gesund und alles Gute. Auf Wiedersehen.“ Ich entgegnete mit ebenfalls guten Wünschen. Dann gingen wir unserer Wege.
Erneut ein Beweis für mich, dass nicht einmal das von Anderen als vernünftig eingeschätzte vor-leben zu einer begründeten Konsequenz bei denen führen muss.

Der österreichische Schriftsteller Peter Altenburg formulierte es sehr elegant: "Es ist traurig, eine Ausnahme zu sein. Aber noch viel trauriger ist es, keine zu sein..."

Danach bekam ich von einer netten Verkäuferin noch eine Lebensweisheit mit auf den Heimweg:
Wenn deine Frau anderen Männern gefällt, ist das kein Grund zu Eifersucht. Sei stolz darauf, dass sie dich allen anderen vorgezogen hat. Außerdem: wenn du sie umarmst, denke immer daran: du hältst den Wunschtraum anderer Männer in deinen Armen.

Welch ein prächtiger, lebensvoller Morgen!

Bleiben Sie recht gesund!

Ihr

Siegfried Newiger


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