Erneut Dr. Meyer



Nach Berlin bin ich gefahren, weil Dr. Meyer – und andere Leute – wissen wollten, wie sich der Patient nach einem Jahr mit Kniegelenkersatz so fühlt bzw. was deutlich wird auf einer frischen Röntgenaufnahme. 
Seine Begrüßung war herzlich. Dann schaute er sich die Röntgenaufnahme vom Vortag an. Auf meine in diese Stille hinein gemachte Bemerkung, dass mir der Grund des Herkommens unklar sei – die Narbe reizlos, keine Beschwerden im Knie – reagierte Dr. Meyer unerwartet: "Sie machen mir ein Kompliment mit ihren Worten.“ Dann durfte ich das Knie zeigen. Er war es zufrieden. Wir verabschiedeten uns mit den besten Wünschen füreinander. 
Erst als ich später bei meinem Hausarzt die Einschätzung der Radiologen lesen konnte (bekam die für meine Unterlagen) bemerkte ich, wie medizinisch unqualifiziert ich gedacht und dennoch meinem Operateur ein begründetes Lob ausgesprochen habe. Denn der Röntgenarzt kommentierte noch den Knochenzustand um das Implantat, das Fehlen von Indizien für ein „Bröckeln“ der echten Knochen und anderes, was ich gefühlsmäßig nicht einschätzen konnte.

Um diesen Besuch beim Orthopädiechirurgen habe ich eine ganze Gruppe von Facharztterminen rechtzeitig schon im Juni diesen Jahres zusammenschachteln können. Sechs Arzttermine in sieben Werktagen – das war nicht einfach. Sie in den verschiedensten Stadtteilen per Personennahverkehr und auf Schusters Rappen zu bewältigen, erforderte vom knapp achtzigjährigen auch etwas Durchhaltevermögen. 
Als ich mich zum Abruhen verschämt ganz außen in der Bankreihe eines Cafés am Bahnhof Alexanderplatz hinsetzte, ohne etwas zu bestellen, bekam ich „Volkes Stimme“ zweier stimmgewaltiger und auch politisch zorniger Berlinerinnen zu hören. Das hätte Mutti Merkel einmal mitbekommen sollen… Sicher kennt sie ansatzweise das, was ich mir als Ergänzung zu den beiden Frauen beim Kabarett „Die Distel“ am Sonnabend dem 3. September im Programm „Wohin mit Mutti?“ gemeinsam mit meiner Tochter lachend ansehen durfte. 
Die Wahl in Mecklenburg-Vorpommern zeigte am Sonntag, was wir in der DDR so sagten: „Wenn die Dresdener „Herkuleskeule“ (dortiges satirisches Kabarett) zwischen den Zeilen das schweigt, was die Bevölkerung untereinander sagt, dann ist etwas faul daran.“ 
Erfreulich ist, dass mir zunehmend von Jüngeren und ganz jungen im Nahverkehr Plätze angeboten werden. Sehr erstaunt war ein junges Mädchen über meine Weigerung, ihren Vorschlag anzunehmen. Ich erklärte laut für alle Zeugen des Vorgangs: „Ich danke ihnen. Bleiben sie weiter so nett. Aber mir ist es angenehmer drei Stationen zu stehen, als mich später aus dem niedrigen Sitz hochzuquälen.“ Sie verstand. 
Jedenfalls ist diese Bereitschaft Dritter doch ein Zeichen dafür, dass mir meine biologischen Jahre anzusehen sind. 
Andererseits: als ich beim Einpackservice im Alexa-Kaufhaus mein Geschenk für den Enkel zu seinem Geburtstag geschmackvoll verpacken ließ, hatte ich mit den drei jungen Frauen sehr rasch einen durchaus „jugendlichen“ Kontakt. Er endete damit, dass ich ihnen eine „Weisheit“ in ein Büchlein schrieb und sie mich nach dem Lesen einluden, doch während meines nächsten Berlinbesuchs unbedingt wieder bei ihnen vorbei zu kommen. Von ihnen verabschiedete ich mich mit folgender ukrainischen Anekdote – wie dort der Witz heißt.
Zwei Freunde tauschen sich über Skype aus. Einer daheim, der andere auf Reisen. „Wo wart ihr gestern?“ „In der Großbäckerei. Brot kommt mir nicht mehr auf den Tisch.“ „Und heute?“ „Im Schlachthof. In Zukunft esse ich kein Fleisch und keine Wurst mehr.“ „Wohin geht es morgen?“ „Sie fahren in die Branntweinbrennerei. Ich bleibe im Hotel.“ 

Bleiben Sie recht gesund! 

Ihr 

Siegfried Newiger





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