Schlammschlacht...

Am 26. Oktober 2014 finden in der Ukraine die auf Forderung des Maidan vorgezogenen Parlamentswahlen statt. Die Wahlkämpfe haben begonnen. Der Bürgermeister von Lwow, Andrej Sadowij, hatte bis gestern recht gute Chancen. Allerdings hat auch in seine Richtung die Schlammschlacht eingesetzt. 

Er ist als Person jung und bisher auch erfolgreich für die recht schöne Stadt tätig gewesen. Nun aber haben ihn jedoch die einem ehemaligen Wahlversprechen geschuldeten "Sünden der Vergangenheit" eingeholt. 
Eine erste Protestdemonstration unzufriedener Bürger mit für ihn wenig schmeichelhaften Plakaten wurde im Fernsehen gezeigt. Ohne dass ich die Anzahl der Kritiker bestimmen konnte. Aber das folgende Interview mit einer Bürgerin war doch etwas ernüchternd. Vor allem auf dem Hintergrund dessen, dass er vor einiger Zeit Reportern sein neues Haus im Rohbau zeigte, welches bis dato "nur" rund vier Millionen Hrywna kostete (etwa 215.000 €). 
Die Frau und alle Einwohner eines ehemaligen Wohnheims hatten den Versprechungen von Sadowij vor den Kommunalwahlen geglaubt, dass das genannte Gebäude in örtliche Verwaltung übernommen würde mit der Möglichkeit, die von ihnen genutzten Wohnungen privatisieren zu können. Er allerdings hat später das Gebäude an eine Fabrik übergeben, welche dort Lagerräume einrichten will.

Der "Block der Opposition" versucht, ebenfalls emotional zu punkten. Im Fernsehspot stützt er sich darauf, dass der Preis für das Stadtgas stark gestiegen ist, alle kommunalen Dienstleistungen ebenfalls teurer wurden, dazu noch Preiserhöhungen kamen für Grundnahrungsmittel und, was bei den gegenwärtigen Außentemperaturen besonders aktuell und folglich wirksam ist, dass es in den Wohnungen ungemütlich kühl, nicht selten schon fast kalt ist. Die Herrschaften rechnen auf das "kurze Gedächtnis" der Leute, die vergessen, dass die hinter dem Spot Stehenden in der vergangenen Legislaturperiode das Land in die beschriebene Situation hineinmanövriert haben.

Präsident Poroshenko und Premier Jazenjuk haben in allen ihren Erklärungen zur gegenwärtigen Lage und zu den daraus notwendigen politischen und wirtschaftlichen Schritten immer darauf hingewiesen, dass eine ungewisse Zeitspanne von fühlbaren Einschränkungen auf die Bevölkerung zukommen. Nur ist bei der Wählerschaft hier in der Ukraine die emotionale Komponente ihrer Entscheidungen nach meiner Beobachtung wesentlich ausgeprägter als in Deutschland. 

Die beiden "rechten" Kandidaten Ljaschko und Tjagnibok finden mit ihren vollmundigen Kritiken und Versprechungen den Rückhalt, welchen sie geschickt ausnutzen. 
Wie wird sich das politische Leben nach den Wahlen gestalten, wenn der Vorschlag durchkäme, für nicht erfüllte Wahlversprechen den Gewählten aus seiner Wahlfunktion auszuschließen? 

Bleiben Sie recht gesund!

Ihr

Siegfried Newiger