Apfelschimmel ...

Der Morgen begann so, dass ich eine Frage in gutefrage.net hätte beantworten wollen: "Was tut ihr, um eine Beziehung nicht langweilig werden zu  lassen?"

Als ich aufstand - gegen 4.30 Uhr - sah ich die Bescherung nicht gleich. Toilette, Rasieren, Tee trinken, dann im Schlafanzug an den Laptop.

Erst als ich mich für den Morgenspaziergang rüstete, kam mir etwas sonderbar vor. Am Vortag hatte ich einen juckenden Insektenstich mit der hier üblichen grünen Tinktur "seljonka" eingestrichen. Nun war aber der ganze Fuß grün gesprenkelt, getupft. Ich schaute auf den anderen - das gleiche Bild. Weil ich recht früh schlafen gehe und auch rasch einschlafe, hatte meine liebe Frau ein Wattestäbchen benetzt und mir die aus dem Bett ragenden Füße "gesprenkelt" - unbemerkt.

Auf dem Weg zum Fluss wieder die "Entdeckung", mit welch erstaunlicher Geschwindigkeit sich alles um uns entwickelt. Obstbäume erblühen und auch die ersten Fliederdolden duften intensiv.

Um die Holzbrücke herum Flugakrobaten - darüber und drunter durch - die von dem "Aufklärer" informierten Schwalben waren gekommen. Allerdings mit ihnen auch die Schwärme an winzigen Fliegen. Mit aufgesperrten Schnabel durch so einen Schwarm - und man hat das Frühstück im Magen ...

Das Froschkonzert war nun auch am Fluss in vollem Gange - die hellen Stimmen der Jungfrösche (wie bei den Menschen) besonders laut.

Wir hatten noch etwas an der Allee zu besorgen. Sie wird vor allem von Kastanien gesäumt. Von weitem sah der herannahende Apfelschimmel fast reiterlos aus. Aber auf ihn ritt ein junges Mädchen - nicht besonders groß, schlank (dem Pferd keine rechte Last), nicht schön, aber in ihrer Freude über die Harmonie mit dem schmucken Tier sehr hübsch.

Weil ich den Hund nicht an der Leine hatte, musste ich ihn zeitweilig an einem seiner Schlappohren festhalten. Er wollte unbedingt die merkwürdige Erscheinung verfolgen.

Ein wunderschöner, sonniger Sonntagmorgen.

Bleiben Sie recht gesund!

Ihr

Siegfried Newiger



Sex im Kindergarten?

Gestern haben wir unseren russischen Jagdspaniel Kai trimmen lassen. Die Locken sind weg - der Hund sieht erstaunlich schlank aus für jene, die ihn immer als dick bezeichnet haben. Bei dem Marschtempo mit mir und den Strecken, die wir bewältigen, kann er nur Muskeln ansetzen, kein überschüssiges Fett. Zur Freude gab es wieder Anlass: dem Flugbild nach sollte der Vogel ein Kuckuck gewesen sein - etwa eine Minute später hörte ich auch seinen Ruf.


Wald und Wiese beginnen immer intensiver zu duften. Mehrfach hatte ich "Butterblumen" abgerupft und die Nase richtig hineingesteckt, den leichten Honigduft zu erschnuppern. Daheim Nataschas Frage: "Weshalb ist deine Nase so gelb?" Natürlich Blütenstaub.


Am Laptop bekam ich dann meine Frage - wegen der Frage auf gutefrage.net.


Überschrift: Sex auf Klassenfahrt Konsequenzen 

"Hallo, welche Konsequenzen gibt es, wenn man mit 13-14 Sex hat? 15-16 Sex hat? 17-18 Sex hat? und über 18? (ich meine damit auch mit dem Lehrer)
Danke im Vorraus!"

Da musste ich einfach antworten.

Guten Tag megaoutlet,
weil ich 75 Jahre alt bin, dürfte für mich (über 18 und damit rechtlich volljährig) selbst als an der Klassenfahrt teilnehmender Opa mein Sex keine Konsequenzen haben -)).
Unter einer Voraussetzung: die andere Seite dürfte nicht unter 16 Jahren sein.
Zwang (Vergewaltigung ist auch Sex!) wäre allerdings auch strafbar.
Nun zu einer anderen Konsequenz: als Mädchen könntest du - das ist eigentlich der natürliche Zweck der Sache - bloß ein bisschen schwanger werden. 
Und dann in diesem Forum wimmern: "Hilfe, was tun, ich bin von der Klassenfahrt schwanger?" 
Oder er: "Hilfe, meine Freundin ...".
Habt ihr in eurer hemmungslosen Neugier auf ein Erlebnis, dass ihr auch häufig noch mit "Liebe" verwechselt, diese Konsequenz nie bedacht?
Hier will ich es gut sein lassen. Jugend ist unberechenbar - wir Älteren aber auch ... Macht eure Erfahrungen. Manchmal geht das gut. Nur: warum nur so husch-husch wie läufige Kaninchen?
Da fiel mir noch etwas ein. Als ich dir Gesundheit wünschen wollte. Eine/r fängt sich bei solchen "Gelegenheiten" mit einem nicht ganz so wählerischen Betthasen noch eine unangenehme Begleiterscheinung ein, unter denen Filzläuse noch das Ungefährlichste sind.
Megaoutlet,
was ich vergaß: Lehrer und Lehrerinnen kennen die gesetzlichen Konsequenzen ganz genau - du müsstest schon etwas extrem Besonderes in der weiblichen oder männlichen Jungwelt darstellen, wenn sie riskieren wollen ... Aber wie gesagt: auch Ältere sind unberechenbar ...
Bleib gesund!
Siegfried

Was sagen Sie denn dazu, liebe Leser? Wenn das so weitergeht, werden sich Erzieherinnen etwas einfallen lassen müssen ...

Bleiben Sie recht gesund!

Ihr

Siegfried Newiger



Armer Igel...

Vor einem der Nachbarhäuser in der Morgenstunde die recht ansehnliche Hausmeisterin. Sie steckte in einer Weste, auf deren Rücken der Wappenspruch der hiesigen Umweltorganisation "RIDNE MISTO" prangte - auf Deutsch "Heimatort". Ich fragte nach dem höflichen "Guten Morgen", ob sie diesen Spruch bewusst an seiner Stelle akzeptiert hätte. Sie bejahte. Da fragte ich - zweideutig, ich weiß - : "Wie kann denn ihr Rücken mein Heimatort werden?" Sie schüttelte sich vor Lachen und ich stimmte ein. Wie sich die Dinge ändern, wenn wir unsere Sicht von ihnen verändern ...

Für meine Leser klar: Morgenspaziergang mit Hund Kai. Heute hatten die beiden Höckerschwäne die Fluss-Seite gewechselt. Also waren sie an unserem Spazierufer. Der Jagdspaniel wollte natürlich wissen, was denn da für große Enten sich in "seinem" Gewässer tummelten. Also mutig auf die los. Einer der Schwäne machte bei der Annäherung des ungebetenen Gastes einen ganz langen Hals und zischte laut wie der Drache im Märchen. Der Spaniel hat ja nur einen Schwanzstummel - aber selbst den hatte er fast unter den Bauch geklemmt, als er zu mir zurück schlich ... Allerdings machten sich auch die Schwäne langsam davon - die Flügel wie weiße Segel hochgestellt.

Dann überholte uns erstmals in dieser Zeit joggend wieder eine Frau mittleren Alters. Blond, aber zum Sport nicht so unkenntlich aufgemacht wie zur Arbeit, sondern mit einem fröhlichen kleinen Pferdeschwänzchen, das sie gleich um mindestens 5 Jahre jünger macht. Da sie auch noch elastisch an allen hübschen Stellen ist, eine morgendliche Augenweide. Ihre muntere kleine Hündin, die um sie herumraste, gab unserem Kai die Abfuhr mit bellen und einem leichten Biss in die Schnauze.

Auf dem Wasser mehrere Gruppen arbeitsloser Erpel, in ihren hellen "Hosen", dunklen "Jackets" und der blaugrün schillernden Kopfpartie immer ein wenig nach "auf dem Wege zum Tanz" aussehend. Sie sind zeitweilig nicht gefragt. Denn die Stockentendamen sind um diese Zeit am Nestbau oder schon beim Brüten. In ihrem braunen Federkleid sehen sie eher aus wie Hausfrauen in der Kittelschürze, auch wenn sie einen kleinen hellen Streifen seitlich in Art einer Brosche als Schmuck tragen. Bevor die Jungen schlüpfen, sind ihre Mütter im Uferbereich so kaum zu sehen.

Auf dem Heimweg dann noch ein trauriges Bild. Am Straßenrand ein tot gefahrener Igel. Das ist vielleicht in der Morgendämmerung geschehen - aber doch nicht einfach zu übersehen. Nur besteht das Leben nicht nur aus Sonnenschein. Aber ihn zu suchen und zu finden ist hilfreicher für die eigene Stimmung.

Bleiben Sie recht gesund!

Ihr

Siegfried Newiger




Braut in Rosa...

Schon gestern hatte ich Robert Browning zitiert - was die kleinen Glücksmomente angeht.

Heute erneut beim Morgenspaziergang eine Fülle winziger Mosaiksteinchen guter Stimmung.
Als erstes sahen wir nach Überschreiten der Holzbrücke auf dem Fluss zwei Höckerschwäne landen. Auch der Hund nahm sie wahr - die Geräusche bei der Wasserung lenken die Aufmerksamkeit unweigerlich auf den Vorgang. Beide sind seltene Gäste - sie sind eher im Dendropark auf den Teichen daheim, nisten da. Aber auf dem sonnen-überfluteten Fluss die weißen großen Vögel - wunderschön.

Nach einem Kilometer etwa eine fast übersehene Kleinigkeit: ein taubenetztes Spinnennetz. Nur das Blitzen der Tauperlchen in der Morgensonne unter einem ganz bestimmten Winkel hatte es verraten. Als ich langsam auf den Busch am Ufer zuging, flog eine Mehlschwalbe auf. Alleine - offensichtlich der Kundschafter vor dem Schwarm, untersuchen, ob genug Insekten durch die Luft schwirren. Nicht weit davon ein lange erwarteter Ruf - einer der Raben. Das dunkle "Knorzen" unverwechselbar mit dem heiser-hellen Krächzen der Krähen. Das Pärchen nistet schon einige Jahre auf einer der Eichen am Wegesrand.

Kai hatte heute seinen Spieltag. Er griff sich einen Knüppel und machte mich wild knurrend darauf aufmerksam. Ich befahl, den Knüppel mir zu geben - er raste davon. Das gehört zu den Spielregeln. "Gib meinen Knüppel!" würde heißen, dass der meiner ist und abgelegt werden muss. Einfach nur "Gib den Knüppel" darf er ignorieren, weglaufen, wieder herbeirasen und mir das Holzstück "vor die Nase halten". So läuft er sich nach Herzenslust müde und schlank. Diesmal befahl ich nach einigen Runden, mir mein Hölzchen zu geben. Dann warf ich es in den Fluss. Erstmals in seinen 7 Lebensjahren apportierte der Hund - freiwillig. Ich habe ihn nie dazu abgerichtet. Er bekam sein Lob und durfte wiederholen. Aber das machte ihm nicht den Spaß - er ließ den Stock nach einigen Schritten auf dem Ufer einfach liegen. Trotzdem - seine Leistung - mein Vergnügen.

Als wir nach etwa einer Stunde aus dem Wald kamen, hatte sich die Wiese sehr verändert. An einigen Stellen lagen dichte gelbe Teppiche aus Löwenzahnblüten - auch Butterblumen genannt. Die höher gestiegene Sonne hatte sie aus ihren grünen Hüllen gelockt. Die frühen Bienen summte über den merklichen Duft hin.

Uns entgegen kam ein junger Mann. Der umgehängten Tasche nach ein Berufs- oder Hobbyfotograf. Kai lief an ihn heran, beschnupperte ihn kurz. Der Mann sah an sich herunter und lächelte. Ein so angenehmes Lächeln, dass ich dies als Frau "bezaubernd" genannt hätte ... Es wärmte auch meine Seele ...

Nun hätte der Morgen normal weitergehen können. Allerdings wollte ich etwas unseren Weg abkürzen, nahm eine andere Route. Und hatte plötzlich die letzte Überraschung vor Augen und Nase. Wie eine Braut in hellem Rosa stand da im Garten eines Privatgrundstücks ein eben aufgeblühter Aprikosenbaum. Er duftete auch ganz zart nach einer reifen aufgeschnittenen Frucht - so Vorfreude verbreitend.

Bleiben Sie recht gesund!

Ihr

Siegfried Newiger


Glücksmomente ...

Von Robert Browning stammen diese Worte: Jede Freude ist ein Gewinn und bleibt es, auch wenn er noch so klein ist.


Nach dieser Devise durch das Leben zu gehen macht Spaß und bewahrt mich davor, zu erleben, was ich woanders las: Viele Menschen versäumen das kleine Glück, während sie auf das große vergebens warten.Pearl S. Buck


Gestern war unser Wanderweg durch den Regen vom Vortag zu aufgeweicht - also spazierten wir - Hund Kai und ich - die relativ trockene Allee zum Dendropark hin und zurück. 
            Heute nun nach einer relativ warmen Nacht gab es die Erlebnisse, welche den Frühlingsanfang abrundeten. Als erstes sah ich einige Weinbergschnecken. Sie waren vor einigen Jahren fast ausgerottet worden, als in Kiew die Mode aufkam, sie als angebliche Aphrodisiaka zu verzehren und sich viele arbeitslose Leute aus unserer Stadt etwas Geld machten, indem sie die Tierchen eimerweise in die Lokale der Hauptstadt brachten. Der Erfolg stellte sich bei den Essern aber nicht ein - nach zwei Jahren war der Spuk vorbei. Allerdings erholte sich der Bestand recht langsam. Ein Begattungsakt dauert bei den Hausträgern extrem lange. Da können Sexprotzes neidisch werden ... Da sie seitlich davon und auf den Wegen vor sich hin schlichen, war mir klar: es wird sich noch etwas tun heute ...
             Auf den Schwarzspecht hatte ich nicht gehofft - er ist hier sehr selten. Er ist etwas größer als sein bunter Bruder, fällt dadurch eher auf, dass er auch lauter "trommelt" als jener und sieht mit seiner roten Kappe besonders attraktiv aus.
             Dann kam das erwartete Signal: in einem kleinen, morastigen Tümpel auf einer Waldlichtung, der naturgemäß durch die Sonne rascher erwärmt wird als der Fluss, kam das erste Quaken von Fröschen! Leider konnte ich nicht näher gehen, um zuzusehen, wie die Frösche ihre Bälge wie Dudelsackpfeifer aufblasen - aber die für mich angenehmen Laute verkündeten: es ist endgültig Frühling!
             Gut gestimmt ging es heim. Plötzlich plätscherte es etwa 30 m vor uns laut, eine Stockente flog schimpfend auf und ein riesiger schwarzer Malamut kam auf uns zugerannt, seine Leine hinter sich her schleppend.              20 m hinter ihm lief schreiend seine Herrin.
             Malamuts und Huskys sind die Hunde, die ich nicht fürchte. Sie sind selten aggressiv zu ihresgleichen, greifen Menschen extrem selten an - die Erfahrung sagt: nie. Also lockte ich das Tier in meine Richtung, bekam die Leine zu "betreten" und anschließend zu fassen und machte mich mit dem wunderschönen Hund bekannt. 
            Die junge Frau bedankte sich bei mir. Der Hund hatte sich unerwartet losgerissen, um die Ente zu jagen - welche wahrscheinlich beim Nestbau war. Dann schimpfte sie den 1 Jahr und 3 Monate alten Rüden aus, zog ihm auch mit einer dünnen Gerte leicht einige Hiebe über den Rücken. Ich sah, dass der Hund "begriffen" hatte. Aber Jagdeifer ist so nicht zu unterdrücken. Nur Erziehung zu bedingunglosem "Hören aufs Wort" bringt etwas.
             Von mir unbemerkt, war inzwischen der Mann des Paares herangekommen - mit einem prächtigen hellgrauen langhaarigen kaukasischen Schäferhund an der Leine. Erst 8 Monate alt, aber kräftig wie ein großer deutscher Schäferhund. Mir wurde erlaubt, den noch gutmütigen Jungrüden zu streicheln. Ich mag die großen asiatischen Hütehunde - unser Alabai Athos bleibt mir in Erinnerung. Das Fell - oben grob und darunter feinwollig - wer es einmal "durchwühlt" hat, vergisst das Griffgefühl nie ...
              Als wir die Holzbrücke erreicht hatten, kam zum Abschluss meiner angenehmen Erlebnisse dieses Morgens noch ein bildhübscher Husky auf uns zu, den Kai nicht fürchtete und sich mit ihm bekannt machte. Das junge Mädel, welches ihn führte, antwortete nach der Frage zum Alter des Rüden und erlaubte mir auch, das weiche Fell des Tieres zu streicheln.
               Was konnte noch schöner kommen?
               Wir hatten ein wenig Verzögerung und deshalb kürzte ich ab. Und da war der Höhepunkt! Der erste voll erblühte Aprikosenbaum im Garten eines kleinen Privatgrundstücks! Wie eine junge Braut im Hochzeitskleid! Und beim Näherkommen auch ganz zart nach einer reifen geöffneten Frucht duftend!


Ein wunderbarer Anfang für einen Sonntag!


Bleiben Sie recht gesund!


Ihr


Siegfried Newiger
















Meine Grabstelle ...

Ja, die habe ich heute wie schon einige Jahre wieder einmal besichtigt. Nicht allein - meine Frau und mein Stiefsohn waren mit dabei. Das ist hier jedes Jahr eine Woche nach dem orthodoxen Osterfest üblich. Nur: man geht nicht seine Grabstelle besuchen, sondern zum Totengedenktag auf den Friedhof.

Mir gefällt das. Nicht wie in Deutschland im trüben November, wo dieser Tag auch "Totensonntag" genannt wird, sondern im Frühling. Der Kontrast ist größer. Etwa in der Art: dort liegen unsere Lieben, von denen wir uns leider trennen mussten. Aber wir leben noch! Das ist doch wunderbar, Leute - oder?

Dementsprechend ist auch das quirlige Durcheinander auf dem Friedhof, der wenig von einem Totenacker hat und auch nicht besonders friedvoll aussieht. Aber der Reihe nach.

Von daheim wurde ein geflochtener Weidenkorb mitgenommen, in welchem vom Osterkuchen "paska" fünf Stücke lagen, 5 Ostereier, eine große Hand voll Konfekt in buntem Papier, eine 0,5-l-Flasche Wodka, dazu auch 7 Einwegbechern, zwei in Stücke geschnittene Äpfel, weiße Servietten und eine große Tüte voll kurzstieliger Kunstblumen.

Zum Friedhof gab es heute nur einen Weg. Um dem Besucherchaos Herr zu werden, war die vorbeiführende Straße zur Einbahnstraße erklärt und entsprechend von der Polizei gesichert worden. Wir rollten etwa 800 m im Schritttempo hinter anderen dahin, um eine Parklücke zu finden. Wir meinten, Glück gehabt zu haben - aber in der Lücke durch ein ausfahrendes Auto tauchte ein junger Mann auf, der sie sperrte. Natascha versuchte ihn langsam fahrend vom Platz zu drängen, als seine Mutter auftauchte und ein keifender Dialog begann. Sie hätte den Sohn beauftragt, diesen Platz zu sichern ... Wenn Frauen keifen, bin ich still, um nicht ins Kreuzfeuer zu geraten.

Wir mussten abziehen, konnten aber nach etwa 20 Metern eine frei werdenden Lücke auf der anderen Straßenseite besetzen. Von dort ging es etwa 200 m zurück auf den Friedhof.

Dort ein wahres Getümmel. Es war inzwischen um 11 Uhr geworden - Rush-Hour. Einige vernünftige, die nicht so lange geschlafen hatte, bereits auf dem Rückweg. Andere hatten auf den an den meisten Grabstätten stehenden groben Tischen ausgepackt, was man "mit den lieben Toten" gemeinsam verzehren wollte. Von bescheidenen Speckschnitten über Tomatensalat und andere Leckereien (Piroggen, Pasteten,Pellkartoffeln, Salzgurken ...). Mancher Tisch war gedeckt wie eine Festtagtafel. Die Leute standen meist, von einzelnen Gräbern her tönte religiöser Gesang herüber - dort las ein Priester eine Messe, begleitet von einem Mann oder einer Frau mit angenehmer Stimme als Begleitung. Das alles ungeordnet - also etwa von drei Stellen mit verschiedenem Einsatz.  

Wir besuchten zuerst die Gräber von Nataschas Großeltern. Sie und Pavel hatten einige Zeit davor Unkraut entfernt, Farbschäden an der Umzäunung ausgebessert und einige Blumen gepflanzt. Nun wurde auf jedes Grab eine Serviette gelegt, nachdem zuvor drei Kunstblumen längs in den Boden gesteckt wurden. Auf die Serviette kam ein mit einem Schluck Wodka gefüllter Becher. Er wurde mit dem Kuchenstück überdeckt. Anmerkung: auch zur Beerdigung kommen Brot und Wodka mit auf den Friedhof - für die Totengräber. Und dort, wo das Essen nach Beerdigung stattfindet, steht auf dem Tisch ein Teller mit gekreuztem Besteck, darauf das Glas voll Wodka und über dem eine Scheibe Brot.
Auf die Serviette wurde dann noch ein buntes Ei gelegt und drei bis fünf Stückchen Konfekt. Danach goß ich als der Älteste für die beiden Männer einen kleinen Einwegbecher voll Alkohol. Wir verneigten uns vor den Gräbern und tranken auf das Wohl der Lebenden in der Erinnerung an die toten Vorfahren. Nachgegessen haben wir Apfelstücke.

Der Vorgang wiederholte sich an den Gräbern von Nataschas Eltern. Auf dem Friedhof wurde es langsam etwas ungemütlich. Kleine unerzogene Kinder rasten herum, die ersten Angetrunkenen begannen auch zu lärmen ... Wir gingen bald hinaus, nicht ohne dass Natascha festlegte, ich hätte nach meinem Ableben die Ehre, neben meine verblichenen Schwiegermutter ruhen zu dürfen.

Wir hatten noch einige Blumen übrig behalten. Meine Frau ging noch einmal zu den Gräbern der Großeltern. Wir blieben auf dem Weg. Sie rief uns zu: "Die Totengaben sind schon weg!" Man kann vor allem Zigeuner und deren Kinder sehen, die sich nach dem Fortgang der Verwandten alles Essbare einsammeln - wenn nicht einiges davon zum Nachessen von den glücklichen Säufern genutzt wurde, für welche dieser Tag ihr Festtag ist ...

Weil ich nach diesem Ereignis noch auf den Basar musste, erfuhr eine Verkäuferin von mir das "Erlebnis". Sie reagierte erstaunlich. Sie lebt auf dem Dorf - da geht dieser "Ahnengedenktag" wesentlich gesitteter vor sich, ohne das Bestreben zu zeigen, "dass man wer ist und dass man es hat". Allerdings erzählte sie einen zum Thema passenden Witz - schwarzer Humor.
Dem Opa geht es schlecht, die Eltern bitten den Sohn, zu ihm ins Zimmer zu gehen und ihm nach Möglichkeit etwas Lustiges zu erzählen. Der Bursche geht hinein und fragt: "Opa, welche Musik möchtest du nach deinem Tod hören - Klassik oder Rap?"

Bleiben Sie recht gesund!

Ihr

Siegfried Newiger










Kein Sieg ...

Das "Botschaftsdrama" ging gestern zu Ende.

Nataschas Sohn Pavel hatte einen Visumsantrag eingereicht - in der Visumstelle der Konsularabteilung bei der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Kiew. Der war abgelehnt worden.

Stiefsohn und Mama kamen "in Stimmung" aus Kiew zurück. Beide hatten die in Ukrainische gehaltene Begründung aufmerksam gelesen, keine Gründe zur Ablehnung angekreuzt gesehen. Pascha war schon mehrfach mit uns in Berlin gewesen, auch anderswo - nie hatte es Ärger mit Personen oder gar Gesetzeshütern gegeben. Nachweislich mit Ausreise - und Einreisestempeln auch keine "Verletzung der zeitlichen Aufenthaltsdauer".

Die Unterlagen bestanden aus zwei Blatt. Ich fand auch im deutschen Text keine angekreuzte Begründung. Weil ich während der Zeit, als ich die Vertretung einer kleinen deutschen Leasingfirma in Kiew leitete, mit der Visastelle einige "Meinungsverschiedenheiten" geklärt hatte (Visa für ukrainische Fernfahrer aus Firmen, welche Trucks bei uns geleast hatten), ging ich energisch vor. Ließ Pavel seine "Remonstration" auf Ukrainisch verfassen.
Liebe Leser, die gute einfache deutsche "Einwendung" ist durch die pompöser klingende "Remonstration" ersetzt worden ...
Unter der schrieb ich in Deutsch meine wenig freundlichen Bemerkungen.

Es gab eine Antwort, die uns nicht weiterbrachte. Angeblich war eine "begründete Ablehnung" erfolgt.

Da wurde ich böse. Meine Rückantwort werde ich hier nicht zitieren. Nur, dass ich ankündigte, mich direkt beim Herrn Botschafter anzumelden.

Die darauf folgende sehr höflich gehaltene Antwort veranlasste mich, ein wenig zu überlegen. Mit Recht machte man mich darauf aufmerksam, dass die Amtssprache in einer deutschen Botschaft eben Deutsch ist. Deshalb solle ich doch das Blatt in Deutsch aufmerksamer ansehen. Sie sei gültig. Dort seien die Gründe vom Computer angekreuzt. Die ukrainische "Übersetzungshilfe" sei eine gut- und freiwillige Leistung der Visastelle.

Ich sah erwähntes Dokument an.

Das Ergebnis erinnerte mich an einige typische Situationen, wie wir sie im Studium zur allgemeinen Psychologie kennen gelernt hatten und uns in der praktischen Arbeit mit Piloten bei "besonderen Vorkommnissen" immer wieder begegneten.

Wir sehen alle das, worauf wir warten rascher und deutlicher als Unerwartetes. 


Ich hatte, von der erregten Familie "angesteckt", die von Kreuzen freie ukrainische Seite angesehen, dann die von "Kreuzchen" freie Vorderseite des deutschen Dokuments und, nach dem Umwenden, nicht aufmerksam genug die mit einem schwachen Kreuz aus dem Computer versehenen Gründe unter "9." Wir alle hatten ein  mit Kugelschreiber angehaktes Feld erwartet - deshalb den "elektronisch angebrachten Vermerk" übersehen.

Eine Schande - aber psychologisch verständlich. Sofort entschuldigte ich mich für die bösen Briefe. Wir werden den "Gang nach Canossa" noch einmal antreten müssen.

Aber in Zukunft genauer hinschauen ...

Bleiben Sie recht gesund!

Ihr

Siegfried Newiger




Orthodoxes Ostern?

Ja, heute ist Ostersonntag nach anderer Zählweise, die in den Ländern mit entsprechender orthodoxer Religion durch Kirchenfürsten und Gläubige angewendet wird.

Hier in der Ukraine ist das örtlich wie überall etwas abgewandelt, im Grund aber so: am "Karfreitag", welcher hier auch "sauberer Freitag"heisst, wird Großreinemachen zelebriert, auch werden die Ostereier gefärbt.

Man bereitet sich auf das Ende des "strengen Fastens" vor - es wird also gebruzelt und gebacken. Typisch als Ostergebäck ist "paska", ein Hefekuchen mit Rosinen, der in einer hohen runden Form ausgebacken und danach verziert wird. Viele Hausfrauen backen auch nicht mehr selbst, sondern kaufen dieses Gebäck. Die Bäckereien sind so besser ausgelastet und Saisonkräfte haben einen kleinen Verdienst.

Wer Russisch versteht, möge hier nicht berichtigen, denn ich habe nachgefragt. Das Osterfest als solches heisst "pazcha", der Kuchen so wie oben geschrieben.

Am Morgen des Ostersonntags werden Ostereier, Äpfel, Konfekt, Wein und der Osterkuchen  in einen Korb getan, mit einem bestickten Tuch bedeckt und zum "weihen" in die Kirche getragen. Alle Frauen bedecken vor Betreten des geweihten Ortes ihre Köpfe mit einem Tuch oder Hut - nur Männer dürfen barhäuptig in die Kirche hinein.
Im Innenraum schwenkt ein Priester den nassen Weihwedel über den Körben - danach wird etwas in den Opferstock getan - das Kleingeld für die vielen alten Frauen am Eingang zum Gelände der Kirche wird daheim sorgsam vorbereitet - um niemanden zu beleidigen ...

Man begrüßt sich nach der Zeremonie gegenseitig mit "Christus ist auferstanden." und bekommt rituell zur Antwort: "Wahrhaftig auferstanden." Danach küsst man einander.

Der Andrang vor allem auch von Männern zu dieser "Osterweihe" bringt mich auf die Idee, dass sie das Vergnügen, hübsche junge Frauen ungestraft küssen zu können, weidlich ausnutzen ...

Diesen Teil des Ostersonntags habe ich einmal mitgemacht um zu wissen, worüber zu reden und zu schreiben  nicht falsch ist. Seither drücke ich mich unter fadenscheinigen Gründen. Ich bin ein "Heide".

Allerdings kann ich der Aufmerksamkeit guter Nachbarinnen und Bekannter nicht immer entgehen. Nicht, dass die mich zum Küssen zwingen - aber mir ein von ihnen gefärbtes und vom Priester geweihtes Osterei zu schenken lassen sie sich nicht nehmen, wenn sie gerade auf dem Heimweg sind.
So habe ich bei dem leichten Nieselwetter heute nicht nur einen Dreckspatzen von Hund heimgebracht, sondern auch zwei bunte Ostereier.

Bleiben Sie recht gesund!

Ihr

Siegfried Newiger


...und Star ... und der Eisvogel?

Sie sind alle da - die Vogelschar  aus dem deutschen Volkslied.


Heute beim Morgenspaziergang mit Hund sah ich die erste Starenschar.


Der Frühling ist also endgültig da - am Ostersonnabend des orthodoxen Osterfestes. Bestärkt wurde der Eindruck durch die erste Hummel, die mich in engen Kreisen umflog - zu hören und zu sehen.


Dann trommelte ein Buntspecht in einer alten Pappel am Wegesrand - und auch ein Kleiber suchte deren Rinde ab. Das ist der europäische Vogel, welcher Bäume auch kopfabwärts absuchen kann. Über den Fluss schrie misstönend der Eichelhäher - die Natur hat ihm zu seinem hübschen Federkleid leider eine hässliche Stimme geschenkt - er ist da ein wenig benachteiligt wie der Pfau. 


Schwalbe, Storch und Kuckuck kommen ja erst etwas später. Der Eisvogel, der "fliegende Edelstein", hat sicher noch mit der Aufzucht der Jungvögel zu tun und entfernt sich deshalb noch nicht so weit von seiner Nisthöhle, die ich kenne. Wir hatten harten und relativ langen Winter - es kann sein, dass er nur wenig Nachwuchs aufziehen konnte ... Hier heißt er wegen der Brutzeit noch im Winter auch "simorodok", der "Wintergeborene".


Das waren in aller Frühe die kleinen Beobachtungen, die mich glücklich stimmen, und von denen ein Weiser sagte, dass sie die kleinen Mosaiksteinchen des großen Glücks sind.


Am Nachmittag überreichte mir meine Frau ein Büchlein. Das hatte ihr auf der Straße ein ehemaliger Seemann für mich übergeben. Wir unterhalten uns recht häufig miteinander, haben immer gemeinsam interessierende Themen. Er meint, dass ich dieses kleine Werk aus Lebensweisheiten eines über 100-jährigen mit Nutzen lesen würde. Der Mann ist durch einen Unfall ums Leben gekommen. Er hatte ohne fremde Hilfe seinen unterspülten Keller mit einem Balken abstützen wollen und war von den nachrutschenden Sandmassen verschüttet worden. Mit 104 Jahren!


In dem Büchlein "Lange Jahre - gute Jahre" hat dieser Mann, der erstmals einsaß, weil er einen österreichischen Gendarmen verdrosch, welcher sein Mädchen belästigte - und im Stalinschen Lager war, weil er als "Kulak" eingeordnet wurde (jemand, der vor allem durch Fleiß es im Dorf zu bescheidenem Besitz gebracht hatte), vor allem seine Sicht auf eine positive Lebensführung dargestellt.  
Die passt mit der Auffassung von Johann Wolfgang von Goethe zusammen, die jener so formulierte:


"Was verkürzt mir die Zeit? Tätigkeit!
Was macht sie unerträglich lang? Müßiggang!
Was bringt in Schulden? Harren und Dulden!
Was macht Gewinnen? Nicht lange besinnen!
Was bringt zu Ehren? Sich wehren!"



Das Büchlein, die Aufmerksamkeit - noch ein Glücksfunken am heutigen Tag! 


Bleiben Sie recht gesund! 


Ihr 


Siegfried Newiger






Gagarins Lächeln nur für mich ...


Heute, zum 12. April, der in Russland als "Tag der Kosmonautik" begangen wird, habe ich Grund für eine besondere Erinnerung.

Es war im warmen Herbst 1967, vor also 45 Jahren. Als "Diensthabender der Gruppe" (Studenten der Fachrichtung "Elektrische und Spezialausrüstung", Fakultät 3 der Militärakademie namens Shukowski in Moskau) hatte ich meine Aufgabe zu spät begonnen. Ich sollte in der Pause aus einem Labor ein Gerät holen, an welchem der Lektor der folgenden Stunde uns einige technische Voraussetzungen für das Folgethema erläutern wollte.

Das Labor lag im Gebäude über den Hof. Also im Laufschritt dorthin. Mit meinem damals  für den Zuhörer noch"gewöhnungsbedürftigem" Russisch gelang es mir nicht sofort zu erklären, was ich sollte und wollte. Dann die Formalitäten ... einschließlich Unterschrift.

Zurück über den Hof erneut im Laufschritt. Allerdings gemäßigt, weil das geholte Teil nicht herunterfallen sollte.

Und da kam Juri!

Als einziger außer den Chefs und ihren Stellvertretern hatte er das Recht, in den Innenhof des Objektes mit privatem Fahrzeug einzufahren. 

Als er in Frankreich war, hatte er von der Firma "Peugeot" ein knallrotes Cabriolet geschenkt bekommen. Man hatte ihm dieses belassen. 

Es gibt ein russisches Sprichwort: "Wir spannen lange an, um danach umso rascher zu fahren ." 


Der Jagdflieger und Kosmonaut, gewöhnt an ganz andere Geschwindigkeiten, raste also in den Hof, durch einen Torbogen, hinter dem ich ihn nicht hatte sehen können. Also Vollbremsung von uns beiden! Beim "Peugeot" Kreischen der Bremsen und Quietschen der Reifen - beim mir erhöhter Puls.

An dieses folgende, ganz nur "mein Lächeln" Juris für mich und an seine elegante Handbewegung "Bitte gehe, ich habe vielleicht etwas mehr Zeit" werde ich mich mein Leben lang erinnern.

Deshalb hat sein Tod - nur ein halbes Jahr später und sechs Tage nach meinem 30. Geburtstag, mich auch ganz besonders betroffen. 


Heute ist der Tag, der anlässlich seines Starts vor 51 Jahren zu einem besonderen Tag für alle jene erklärt wurde, welche in Russland mit der Vorbereitung, Durchführung und Auswertung von Flügen in den Weltraum beschäftigt sind. 


Ein Tag auch stillen, frohen Gedenkens an den ersten Menschen im Weltall.


Bleiben Sie recht gesund!


Ihr


Siegfried Newiger





Warum wird Günter Grass von jedem gehasst, obwohl er die Wahrheit sagt?!

Warum wird Günter Grass von jedem gehasst, obwohl er die Wahrheit sagt?!
Diese Frage aus gutefrage.net kann ich so einfach nicht nur da stehen lassen.
Hier meine Antwort.

Guten Morgen, orochimaru,

bevor ich dir hier antworte, habe ich mir das Gedicht durchgelesen, um welches der Aufruhr geht. Weil ich es hasse, mich zu Dingen zu äußern, die ich nicht wenigstens kenne.

Aus dem Französischen stammt ein Sprichwort: "Nur Wahrheit tut weh."

Dem Günter Grass wird nun einiges vorgehalten. Antisemitismus. Dass er vor mehr als 60 Jahren einmal in der SS war und das lange verschwiegen hat.
Dass diese "Dreckkübel" über ihn ausgeschüttet werden, wusste er, als er schrieb. Lies das Gedicht noch einmal oder erinnere dich an den Text.

Er hatte aber den "persönlichen Mut vor Fürstenthronen", weil er, wie es aussieht, die Lehren aus der Weltgeschichte gezogen hat - was wenige tun. Sich besinnen auf Anlass und Gründe des 2. Weltkrieges, die amerikanische Provokation im Golf von Tonking vor diesem Abschnitt des Vietnam-Krieges, der Krieg gegen den Irak auf Grund unbewiesener militärischer Vorbereitungen dort....

Grass sagt das elegant: wenn eintritt, wovor er offen warnt, dann werden wir "Fußnoten" sein - genauer: auch nicht mehr existent ... (meine begründete Befürchtung!)

Zum Anlass passen hier Zitate des ersten Bundeskanzlers der BRD, Dr. Konrad Adenauer, den ich heute seiner vernünftigen Worte wegen wenigsten zu achten gelernt habe - ich war sein politischer Gegner und bin das noch.

"Man braucht nicht immer denselben Standpunkt zu vertreten, denn niemand kann einen daran hindern, klüger zu werden..."

"Bei allem, was man sagt, kommt es oftmals gar nicht darauf an, wie die Dinge sind, sondern darauf, was Böswillige daraus machen..."

"Die Weltgeschichte ist auch die Summe dessen, was vermeidbar gewesen wäre..."

Du kannst einordnen, an welche Stelle politischer Äußerungen diese Sätze passen.

An einem sehr aktuellen Beispiel will ich dir zeigen, wie gleich die Strickmuster überall sind.
Vorab: dass die Geheimdienste aller Staaten bei allen anderen schnüffeln, auch bei Bündnispartnern, ist bekannt und hier nicht Teil einer Verurteilung oder Beschönigung. Es geht um unser Thema: Ausgrenzung.

Als vor einiger Zeit die russische Regierung dem Fernsehjournalisten Mamontow Auftrag und Erlaubnis erteilte, bei der Ergreifung eines britischen Spions zu filmen (etwas außergewöhnlich, aber wahr), gab es die folgende Situation. Die Operation war ein voller Erfolg - ein extrem teurer "gefüllter Stein" (modernste Elektronik darin) wurde von dem Spion abgeholt - dabei wurde er ergriffen. Das Material sorgte für Sensation (inzwischen vergessen) und heftigen Protest aus Großbritannien.

Mamontow wurde unter den eigenen Kollegen "ausgegrenzt", als eine Art "Gefälligkeitsjournalist" oder "Fälscher im staatlichen Auftrag" schief angesehen.

Als nun vor wenigen Wochen ein einstiger hoher Beamter aus der Umgebung des ehemaligen Premierministers öffentlich zugab, dass der von russischer Seite gefilmte Vorgang genau so stattgefunden hatte, war das ein Anlass zu Geschrei in England und zu tiefer Genugtuung für den russischen Journalisten Mamontow.
Durch seinen Auftritt im russischen Fernsehen habe ich das erfahren - vorher hatte er, obwohl beleidigt, keine Möglichkeit zur Rechtfertigung gehabt. Aber er hatte auch die Möglichkeit, sich von falschen Freunden zu trennen...

Günter Grass wird weiter schreiben. Ich wünsche ihm noch lange Jahre dafür. Damit auch ich Friedensfreunden in aller Welt in die Augen sehen kann. Wieder jemand mehr unter den Deutschen, auf den wir stolz sein können.

Bleib recht gesund!

Siegfried

P. S. Wir beide gehören doch mit  zu jenen, die ihn nicht hassen - oder? Also Frage berichtigen - an Stelle "jedem" besser ein "vielen" setzen - richtig?


Ist Disney pornographisch?


In letzter Zeit bin ich häufig auf der Plattform gutefrage.net - habe schon häufig guten Rat geben können. Sie gehört also mit zu meinen "Erlebnissen". Die Frage - s. Überschrift - kam von einer DonnaNegativ. Das Ganze wurde mit einer anderen Meinung interessanter.

Guten Tag negative Donna,

 mir scheint, dass dein Nutzername schon eine Einstellung spiegelt. nämlich: zumindest überkritisch zu sein.
Mein Stiefsohn hat sich einmal bei seiner Mutter beschwert: "Mama, Siegfried hat mich einen Dummkopf genannt." Das Wort war gefallen - aber der Satz hieß: "Du hast dich benommen wie ein Dummkopf."

In den 75 Jahren meines Lebens habe ich viele Dummheiten gemacht, für die ich mich nicht immer schämen musste. Aber einige gibt es, die ich ungeschehen machen möchte. Er hat aus meiner "Verteidigungsrede" vor seiner aufgebrachten Mutti verstanden, dass man Sprache nicht nur deutlich gebrauchen, sondern auch so zu verstehen bemüht sein muss.

Was das mit deiner Frage zu tun hat?
Als damals nach 1962 die Miniröcke aufkamen, hat sogar die Kirche gegen diese "Ansätze von Pornographie" gewettert. Wenn ich sehe, wie "offen" sich heute einige Damen präsentieren und höre, wie vor allem Frauen mit unförmigen Figuren dagegen wettern, ist das deutlich ein Beweis, wie „Tatsachen sich in persönlichen Meinungen widerspiegeln". Ich habe nichts gegen hübsche Beine in voller Länge und ein gut gefülltes Dekolleté.
Die Meinung, dass in Disney-Filmen Ansätze von Pornographie zu sehen sind, kommt von jenen aus seiner Zeit, für die ein nacktes Damenknie schon den Weltuntergang bedeutete.
Was aus anderen Antworten deutlich wird: die der Art zu reden nach deutlich jungen Leutekennen nur MickyMouse und Donald Duck. Walt Disney hat aber auch Spiel- und Dokumentarfilme gedreht, "Oscars" bekommen.
Das in seinen nicht selten sehr eigenen Filmen die eine und andere "offenherzige" Szene zu der von dir hinterfragten Meinung geführt hat, ist sicher.
Viel Spaß mit Donald Duck.!
Siegfried

Kommentar von DonnaNegativ: "Du bist so toll! Immer wieder schön was von dir zu lesen! Danke! =D

 Das schrieb anschließend Thinkerbelle:

Ich frage mich immer noch was deine Antwort mit der Frage zu tun hat. Hier geht es nicht um kurze Röcke - die heutzutage auch niemand mehr pronographisch (das war damals eh eine Umdeutung des Wortes durch Alice Schwarzer) sondern eher als nuttig oder als sexistisch bezeichnet. Frauen werden dadurch zu Sexobjekten gemacht. Wenn du lange Beine oder ein gut gefülltes Dekoltee siehst denkst du sicher nicht daran, dass du dich mit der Person mal über die Relativitästtheorie unterhalten willst. Und es spiegelt eine Strömung in der Gesellschaft wider, dass der Wert einer Frau nur am Aussehen gemessen wird. Das sieht man auch immer wieder bei Artikeln über Angela Merkel - ihre Politik geht da völlig unter, im Vordergrund steht meistens ihre Frisur. Aber darum geht es hier nicht.
Aber zu der Frage von DonnaNegativ: Ein Film hat 24-25 Bilder in der Sekunde. Da wird auch immer wieder behauptet, dass in manchen Szenen eines der Bilder durch was pornographisches ersetzt wurde. Es gibt im Internet Filmchen, wo z. B. eine Wolke beim König der Löwen so aufgewirbelt wird, dass man das Wort "SEX" drin sehen kann, oder eine Orgelpfeife bei Arielle wie ein erigierter Penis aussieht. Oder als Jessica Rabbit der Rock hochfliegt, soll man ihr deutlich zwischen die Beine sehen können - ohne Unterhose. Da es nur 1 Bild ist, sieht man das nicht wenn der Film läuft, sondern nur wenn man Einzelbilder nacheinander ansieht. Bei letzterem könnte was dran sein, allerdings war das dann nur bei der Kinoversion und der allerersten VHS Auflage und in den heutigen DVDs wurde dieses Bild entfernt. Die anderen Sachen halte ich für Unsinn oder übersteigerte Fantasie. Wenn man mit genug Fantasie einen länglichen runden Gegenstand ansieht, der oben abgerundet ist kann man da immer einen Penis sehen, und auch das Wort Sex kann man mit viel Fantasie immer irgendwo rausdeuten. Die Zeichner wissen auch heute, dass sie sich solche Scherze im Zeitalter der DVDs und Einzelbildschaltung nicht mehr erlauben können, und wenn man sowas wirklich findet würde der entsprechende Zeichner wahrscheinlich gefeuert werden.


Guten Tag Thinkerbelle,

als englisch-französische Kombination also „feine Bastlerin“ – oder?

Du hast meinen Beitrag auch vorerst nur "mit den Augen" gelesen. Wie mein Stiefsohn - die Bemerkung nicht ausgedeutet.

Für dich, die du ansonsten sehr gemäßigt kritisierst, ist meine Bemerkung zum Dekolleté der – dein – Schlüssel zu meinem "sexistischen Innenleben". Also nicht einmal mehr ein künstlerisch hochwertiges Aktbild ansehen - pfui!
Schade. Ich meinte, mich deutlich ausgedrückt zu haben. Also ein Zitat mit der für dich anscheinend erforderlichen Hervorhebung.
„Wenn ich sehe, wie "offen" sich heute einige Damen präsentieren und höre, wie vor allem Frauen mit unförmigen Figuren dagegen wettern, ist das deutlich ein Beweis, wie Tatsachen sich in persönlichen Meinungen widerspiegeln.“

Wie sagte schon Seneca vor rund 2000  Jahren: „Es sind nicht die Dinge, die uns beunruhigen, sondern unsere Meinung über die Dinge."    

                

Auch bin ich sicher, dass ich dir ein paar Lebenstage voraus habe. Das bedeutet nicht, automatisch im Recht zu sein. Nur habe ich die Zeit nach 1962 als Mann von 25 Jahren einerseits mit Genuss und andererseits mit dem Ärger über verknöcherte Ansichten erlebt.
Außerdem hatte ich das Vergnügen, mit hübschen und offenherzigen Frauen zwar nicht über Einstein, aber über die automatische Steuerung von Flugapparaten zu diskutieren.
Eine unserer Freundinnen ist vielleicht eher ein Vorbild für die Hexe BabaJaga - aber ein wunderbarer Mensch. Allerdings mit einem sehr feministischen Touch...

Die Sache mit dem 25-sten Bild - eine alte Kamelle.

Kritisch sehe ich diesen Satz von dir: „Wenn man mit genug Fantasie einen länglichen runden Gegenstand ansieht, der oben abgerundet ist, kann man da immer einen Penis sehen, und auch das Wort Sex kann man mit viel Fantasie immer irgendwo rausdeuten.“
Wenn nämlich vorher etwas „hineingedeutet“ wurde (eine „Meinung“), dann kann sie anschließend auch nach dem von dir beschriebenen Schema „rausgedeutet“ werden.

Wenn in einem englischen Fragebogen das Wort „Sex“ für das im Deutschen allgemein übliche „Geschlecht“ drin steht – ist das dann schon ein pornographisches Werk?  -))

Sei bitte tolerant, wenn kein direkter Angriff erfolgt.

Bleib gesund!

Siegfried