Drei Fälle...


           Das war vor zwei Wochen. Auf der Holzbrücke am Fluss lag Reif, an einzelnen Stellen gab es etwas Glatteis. Trotz vorsichtiger Bewegung rutschte ich auf dem stärker geneigten Abgang auf der anderen Flussseite aus – denn von unvernünftigen Kraftprotzen war das hölzerne Geländer abgerissen worden.
      Mein invalides linkes Knie schmerzte höllisch, auch das linke Fußgelenk. Zum Glück kamen zwei Personen, die mir auf die Beine halfen. Mehr kriechend als gehend kam ich nach Hause.
    An beiden genannten Gelenken bildeten sich deutliche Hämatome heraus. Drei Tage lang musste meine Frau früher aufstehen, um den an seine Zeit gewöhnten Hund an meiner Stelle auszuführen. Sie hatte so allen Grund, für mich eine wirkungsvolle Salbe zu beschaffen, welche dafür sorgte, dass die Blutergüsse sich relativ rasch zurückbildeten.
      Dann hinkte ich wieder durch die Gegend. Denn die Überdehnungsschmerzen blieben noch eine Weile. Auf dem Basar wurde ich bemitleidet – meine leichte Behinderung wurde erkannt und hinterfragt. Allerdings bewegte ich mich weiter – liegen und ruhen bildet die Beschwerden nicht zurück.
          Drei Tage vor meinem Geburtstag hatte es nachts geregnet und der nasse Boden war tagsüber nicht recht abgetrocknet. Beim Mittagsspaziergang mit Hund blieb ich mit dem eingeschränkt einzuknickenden Bein an einem aus dem an einer Stelle höheren Bürgersteig herausragenden Stück Bewehrung hängen und knallte drei Schuljungen vor deren Füße. Sie sprangen entsetzt zurück. Da raffte ich mich auf und sagte: „Kinder, ich bin nicht betrunken. Nur hingefallen – seht ihr die Armatur dort, an der ich hängen blieb?“ Sie nickten erleichtert.
         Ich jedoch war auf der gesamten linken Körperseite von der schwarzen Muttererde richtig verschlammt. Habe aber den Hund erst ausgeführt – auch, wenn einzelne Leute eigenartig guckten. Vor allem, als ich mich in die Reihe vor dem Geldautomaten stellte. Der ab diesem Tag begann, nur noch 500 Hrywna auszugeben – etwa 35 Euro. Teilmobilmachung im Lande…
        Am Geburtstag dann Fall Nummer drei. Ungesehen hatte sich an den Hauslatschen die linke Sohle gelöst. Als ich den Müll in den Müllschlucker geworfen hatte und hochstieg zur Wohnung, blieb diese an der vorletzten Treppenstufe hängen und ich segelte mit dem Kopf auf die Flurtür zu. Der Urknall war in der Wohnung zu hören, aus welcher meine besorgte Frau gestürzt kam. Am Abend beschloss der Familienrat, mir einen Sturzhelm zu besorgen. Für alle Fälle. Allerdings sorgte ich auch noch dafür, dass die so bequemen, aber abgetragenen Hausschuhe im Müll landeten. Der blaue Fleck unter meinem Bürstenschnitt wurde an der Geburtstagstafel von den Gästen gebührend zur Kenntnis genommen.

      Meine Zahnärztin und ihre Gehilfin haben heute mein Kompliment, dass ich bei ihnen den „Genuss der Heilung“ erlebe, mit sichtlicher Freude entgegen genommen. Aber dazu gibt es einen Post in meinem Blog http://reich-weil-gesund.blogspot.com/ 

Bleiben Sie recht gesund!

Ihr

Siegfried Newiger






Er hinterließ eine gute Spur


        Wir waren zum Sonntag nach dem hier noch begangenen Internationalen Frauentag, dem 09. März 2014, zu Gast gebeten worden. Zu den hier so genannten „pominki“ – einer Gedenkfeier genau nach einem Jahr zum Todestag unseres Freundes Pavel.
            Als wir in die Gaststätte kamen, waren die meisten Plätze an der Tafel bereits besetzt. Etwas ungewöhnlich für ein Land, in welchem der relativ ungezwungene Umgang mit der Zeit eher die Regel ist. Allerdings konnte ich aus den kurzen Gedenkreden entnehmen, dass diese außergewöhnliche Pünktlichkeit in der noch wirkenden Hochachtung für den Verstorbenen begründet war.  
           Pavel Demidenko war ein fröhlicher, aber dennoch leiser Mensch gewesen. So nenne ich alle jene in meinem Leben, welche ohne die Stimme zu verstärken, ihre Bitten ebenso wie ihre Forderungen durchsetzen können. In erster Linie deshalb, weil sie dieses sich-selbst-gehorchen vorleben.
          Einer der Väter moderner Pädagogik, der Schweizer Pestalozzi, hat schon vor rund 200 Jahren gesagt: „Erziehung ist Liebe und Vorbild.“
            Pavels Kollegen sagten – jeder mit anderen Worten – immer das Eine: „Er war gewissenhaft, hielt Wort, half in jeder Situation, hatte goldene Hände und umfangreiches, anwendungsbereites Wissen. War konsequent – konnte auch Nein! sagen, wenn er etwas doch nicht wusste oder konnte.“
          So wirkt ein vernünftiger Mensch weiter, auch nach seinem Ableben. Allerdings ist es im Alter zu jeder Gedenkfeier immer schwerer, einige Gedenkworte etwa nicht zu formulieren, sondern diese vorzutragen. Vielleicht versteht der eine und die andere, dass es immer ein wenig die Vorahnung des eigenen endgültigen Abschieds ist, welche die Kehle zuschnürt.
          Deshalb, um die ersten Augenblicke zu überwinden, wendete ich mich zum Bild des zu Ehrenden und verneigte mich. Danach konnte ich nur sagen: „Solange ich als einer der Ältesten hier am Tisch lebe, werden ich mich an Pavel erinnern.“  Wir tranken ohne anzustoßen auf das Andenken eines allen teuren Menschen.
        Den in einer kleinen runden Schüssel servierten Borstsch aß ich mit Appetit. Danach wendete ich an meine Nachbarin und fragte, ob ich richtig beobachtet hätte, dass zu Hochzeitsmahlen grundsätzlich keine Suppen gereicht werden. Und wenn ja – warum? Weil das in Deutschland anders sei. Dort wird in vielen guten Gaststätten eben täglich die besonders schmackhafte „Hochzeitssuppe“ aus dieser Gegend angeboten. Mir wurde meine Beobachtung bestätigt. Der Grund dafür wäre, dass eine Hochzeit eben etwas Besonderes, Einmaliges sei. Wir diskutierten das Thema nicht weiter – jede Nation, ja jede Gegend eines Landes hat ihre Traditionen.

Bleiben Sie recht gesund!

Ihr

Siegfried Newiger