Reaktionen ...



Es ist nicht besonders einfach, sich wieder an einen Blog zu setzen. Wenn dieser nur ein wenig Kleinigkeiten vermittelt, welche eigentlich nur für den Schreiber gewisse Bedeutung haben. Weil sie sein Lebensgefühl „aufstocken“.

Das ganze begann Ende Juni 2015 in Berlin, als die Beschäftigten der Charité streikten. Nach einem Tag voller Bewegung mit dem noch in seiner Funktionalität eingeschränkten linken Knie war ich zum S-Bahnhof Zoo gefahren, um auf einer bekannten Route mit dem Bus erst zu einem Supermarkt zu fahren und anschließend in das Quartier. Die Einkäufe waren nicht umwerfend viel, aber dennoch gewichtig. 
Als ich einen der nächsten Busse bestieg, wies der Fahrer darauf hin, dass wegen einer Demonstration in Nähe des Hauptbahnhofs (Charité!) dieser Bus nur bis zum U-Bahnhof Turmstraße fahren werde. Für mich bedeutete das, meine Last fünf Haltestellen weit zu schleppen. Aber der Fahrer konnte ja nichts dafür. Also mitfahren – oder lange warten. Die Fahrzieländerung wurde auch an der Einstiegseite des Busses elektronisch angezeigt. 
An der nächsten Haltestelle raste ein älterer Mann über die Straße und flitzte durch die Eingangstür, welche ihm der Fahrer aufgelassen hatte. Jedoch dieser Mann, eben erst so vorzüglich bedient, begann an der zeitweiligen „Endhaltestelle“ den Fahrer wüst zu beschimpfen. Schüttete sachlich gesehen einen Eimer wörtlichen Dreck über ihn und alle Anwesenden an der recht großen Haltestelle aus. Ein wahrer verbaler Umweltverschmutzer! Da ich dagegen empfindlich bin, hielt ich meinerseits mit meiner Meinung dagegen, was den Schreihals noch mehr aufbrachte. Als da jedoch einige der Passanten sich auf meine Seite stellten, wurde er rasch ruhig. 
Am folgenden Tag war ich in Vorbereitung eines Krankenhausaufenthaltes wieder länger unterwegs und am Abend recht abgespannt. In der U-Bahn war es relativ voll. Als ich mich gerade bequem hinstellen wollte, stand ein etwa 40 Jahre alter Mann in Arbeitskleidung auf – unter vielen Jüngeren – und bot mir seinen Sitzplatz an. Den nahm ich mit Dank an. Fragte, ob er von der Schicht käme. Er verneinte, sei dahin unterwegs. Als ich nach fünf Haltestellen ausstieg, stand er immer noch an der Tür. Da berührte ich seine Schulter, bedankte mich erneut und wünschte ihm „Bleiben sie recht gesund!“ Seine Miene hellte sich auf, als wäre etwas Besonderes geschehen. Er lächelte auf eine sehr innerliche Art. Da begriff ich erneut das indische Sprichwort: „Unsere Freude beginnt dort, wo wir andere zum Lächeln bringen.“ 

Das gelang mir auch am dritten Tag. Zwei junge Frauen in der S-Bahn waren mit ihren recht jungen Hunden unterwegs. Ich selbst hatte schon Sehnsucht nach Hund und Kater in der eigenen Wohnung. Der junge Boxer der einen lief recht aufgeregt umher, wurde an sehr kurzer Leine gehalten. Als ich ihn leise anschnalzte, reagierte er sofort. Ich steckte die Hand nach ihm aus und Frauchen begriff, lockerte die Leine ein wenig. Der Welpe kam zu mir, ließ sich streicheln und hinter den Ohren kraulen. Danach ging er zurück, legte sich ruhig der jungen Frau zu Füßen. Wir lächelten einander zu. Siehe oben. 

Bleiben Sie recht gesund! 

Ihr 

Siegfried Newiger






Hindernisse...



Dieser Post wird mit Verspätung erscheinen. Weil Google und ich einander nicht verstanden haben. In meiner Woche Berlin habe ich zeitweilig daran geknabbert. Zwar habe ich das gesamte Geheimnis immer noch nicht herausgefunden – aber in meinen Blogs kann ich wieder schreiben. Deshalb bitte ich meine Leser um Entschuldigung. Aber es war mir wichtig, mir meine Findigkeit mit 78 Jahren noch zu beweisen. Anders gesagt – meine geistige Gesundheit. Mehr dazu unter http://reich-weil-gesund.blogspot.com/ im aktuellen Post. 

Die Reise sollte am 28.06.2015 um 07.30 Uhr beginnen. Wir fuhren auch pünktlich ab – aber nur bis zur Haltestelle in einem Park am Stadtrand von Kiew. Die beiden Busfahrer diskutierten dort noch ein wenig, einer rief jemanden über Handy an. Der andere verkündete uns Insassen: „Ein Reifen am linken Hinterradpaar lässt Luft ab. Wir müssen in die nahe gelegene Werkstatt, zum Reifenwechsel. Sie können drin bleiben oder hier auf der Haltestelle an frischer Luft warten, vielleicht schon frühstücken. Wir kommen hier auf jeden Fall wieder vorbei.“ Ein Ehepaar nahm das zweite Angebot an. Meine Reaktion für mich: „Wie immer, wenn ich reise, ein erzählenswerter Zwischenfall.“ 
Zur Werkstatt in etwa drei Kilometer Entfernung kam der Chef der Reisefirma gefahren, obwohl es am Sonntagmorgen war. Dank moderner Ausrüstung dauerte die technische Prozedur nur knapp eine Stunde. Als sich der Reisebus der vorher verlassenen Haltestelle näherte, rannte das erwähnte Ehepaar ihm schon weit vorher über eine Wiese am Straßenrand entgegen, sparten uns mit dem Bus so die Umrundung des Parks …. Ob das für sie selbst besonders sinnvoll gewesen ist? 
Die rund 500 km bis Lwow bedeuteten für mich Ellenbogenfreiheit auf meinem Sitzplatz. Dort kamen weitere Fahrgäste dazu – und die hübsche schlanke junge Frau aus der gegenüberliegenden Sitzreihe, welche die ganze Fahrt bis dato geschlafen hatte, machte ihr Recht auf den Platz neben mir geltend. Im weiteren Verlauf der Reise erfuhr ich, dass sie Margarita heißt und Opernsängerin ist. Sie hatte auf ihrer Reise von Charkow nach Kiew nicht schlafen können, das im Bus nachgeholt. Wir konnten eine recht gehaltvolle Unterhaltung zu vielen beide Seiten interessierenden Themen führen. 
Diese wurde lediglich durch eine sehr redselige ältere Frau gestört, welche einer anderen, bereitwillig zuhörenden neben vielem Schnickschnack die eigene Sicht auf die finanzielle Lage der ukrainischen Rentner recht lautstark erläuterte. Welche es sich leisten könnten, vier Gläser voll Walderdbeeren für zusammen 160 Hrywna zu kaufen. 
Da platzte mir der Kragen. Ähnlich laut wie sie fragte ich, ob sie wisse, dass die meisten ukrainischen Rentner weniger als 1500 Hrywna (etwa 63 Euro) im Monat zu Verfügung haben, alle Preise, Mieten und Nebenkosten jedoch sehr merklich gestiegen sind und die meisten Menschen nur noch Überleben? Ob sie sich vorstellen könne, dass diese einzelne, von ihr beobachtete alte Frau im Auftrag eines gut Verdienenden die hier als Heilmittel geschätzten Beeren eingekauft habe? Wir hatten bis Berlin zumindest Ruhe vor unsachlichen Argumenten von ihrer Seite. 
Der Grenzübergang erforderte ganze vier Stunden. Aber die Fahrer gaben sich auf den polnischen Autobahnen alle Mühe, sämtliche Verspätungen wettzumachen. Weil ich den berufstätigen Sohn unseres Freundes, bei dem ich übernachten wollte, nicht in aller Herrgottsfrühe (Ankunft 05.30 Uhr) aus dem Bett holen mochte, fuhr ich mit meinem Gepäck zu der Wohnung allein per Nahverkehrsmittel. Deren Preis war auch schon wieder gestiegen – um drei Euro für die Wochenkarte. Die wenigen Fahrgäste vor dem allgemeinen Arbeitsbeginn störten einander nicht. 
Mischa bedankte sich bei mir für die Rücksichtnahme, obwohl ich ihn herausklingeln musste. Denn ich wusste doch, dass er ein Langschläfer ist. 

Bleiben Sie recht gesund!

Ihr 

Siegfried Newiger