Er hinterließ eine gute Spur


        Wir waren zum Sonntag nach dem hier noch begangenen Internationalen Frauentag, dem 09. März 2014, zu Gast gebeten worden. Zu den hier so genannten „pominki“ – einer Gedenkfeier genau nach einem Jahr zum Todestag unseres Freundes Pavel.
            Als wir in die Gaststätte kamen, waren die meisten Plätze an der Tafel bereits besetzt. Etwas ungewöhnlich für ein Land, in welchem der relativ ungezwungene Umgang mit der Zeit eher die Regel ist. Allerdings konnte ich aus den kurzen Gedenkreden entnehmen, dass diese außergewöhnliche Pünktlichkeit in der noch wirkenden Hochachtung für den Verstorbenen begründet war.  
           Pavel Demidenko war ein fröhlicher, aber dennoch leiser Mensch gewesen. So nenne ich alle jene in meinem Leben, welche ohne die Stimme zu verstärken, ihre Bitten ebenso wie ihre Forderungen durchsetzen können. In erster Linie deshalb, weil sie dieses sich-selbst-gehorchen vorleben.
          Einer der Väter moderner Pädagogik, der Schweizer Pestalozzi, hat schon vor rund 200 Jahren gesagt: „Erziehung ist Liebe und Vorbild.“
            Pavels Kollegen sagten – jeder mit anderen Worten – immer das Eine: „Er war gewissenhaft, hielt Wort, half in jeder Situation, hatte goldene Hände und umfangreiches, anwendungsbereites Wissen. War konsequent – konnte auch Nein! sagen, wenn er etwas doch nicht wusste oder konnte.“
          So wirkt ein vernünftiger Mensch weiter, auch nach seinem Ableben. Allerdings ist es im Alter zu jeder Gedenkfeier immer schwerer, einige Gedenkworte etwa nicht zu formulieren, sondern diese vorzutragen. Vielleicht versteht der eine und die andere, dass es immer ein wenig die Vorahnung des eigenen endgültigen Abschieds ist, welche die Kehle zuschnürt.
          Deshalb, um die ersten Augenblicke zu überwinden, wendete ich mich zum Bild des zu Ehrenden und verneigte mich. Danach konnte ich nur sagen: „Solange ich als einer der Ältesten hier am Tisch lebe, werden ich mich an Pavel erinnern.“  Wir tranken ohne anzustoßen auf das Andenken eines allen teuren Menschen.
        Den in einer kleinen runden Schüssel servierten Borstsch aß ich mit Appetit. Danach wendete ich an meine Nachbarin und fragte, ob ich richtig beobachtet hätte, dass zu Hochzeitsmahlen grundsätzlich keine Suppen gereicht werden. Und wenn ja – warum? Weil das in Deutschland anders sei. Dort wird in vielen guten Gaststätten eben täglich die besonders schmackhafte „Hochzeitssuppe“ aus dieser Gegend angeboten. Mir wurde meine Beobachtung bestätigt. Der Grund dafür wäre, dass eine Hochzeit eben etwas Besonderes, Einmaliges sei. Wir diskutierten das Thema nicht weiter – jede Nation, ja jede Gegend eines Landes hat ihre Traditionen.

Bleiben Sie recht gesund!

Ihr

Siegfried Newiger








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