Es wird Frühling

Die Ukrainer rechnen mit dem Frühlingsbeginn etwa ab dem Internationalen Frauentag, also mit dem 8. März. Als wir heute bei +7 °C zum Spaziergang aufbrachen, lag doch schon etwas Frühlingsluft in der Atmosphäre. Nachdem wir über die Holzbrücke gekommen waren, hörte ich, dass im Eichenwald ein Specht hämmerte. Er muss einen sehr trockenen Ast erwischt haben, denn es dröhnte regelrecht zu uns herüber – obwohl bis zu dem Gehölz etwa noch 500 m weit waren. Ein anderes Zeichen des nahen Frühlings ist die Paarbildung bei vielen Vogelarten. Die vier Schwäne, welche noch vor einigen Tagen gemeinsam den Fluss herauf- und herabschwammen, hatten sich paarweise bestimmte Buchten ausgesucht – wahrscheinlich, um dort zu nisten. Die Entengruppen aus bis zu 17 Vögeln bestehend, fliegen nun auch schon zu zweit oder dritt umher. Häufig hat ein Erpel keine eigene Ente abbekommen. Also drängt er sich bei einem Paar auf. Das kann für die Ente tödlich werden. Denn wenn zwei Erpel sich nacheinander paaren wollen, wird häufig die Ente dabei ertränkt.
Ringsum wird es ständig vielstimmiger. Außer den Kohlmeisen melden sich noch viele andere Vögel zu Wort. Was glücklicherweise abgenommen hat – das ist das Krächzen der vielen Krähen. Sie haben sich ebenfalls zu Paaren zusammengefunden und nisten irgendwo anders im Gelände des Parks.
Da der Fluss eisfrei geworden ist, wurden auch die Angler munter, welche nie aufs Eis gehen. Nicht, weil sie Angst hätten – sondern weil es viel einfacher ist, bei besseren Wetterbedingungen vom Ufer aus zu angeln. Sie fangen vorwiegend Plötzen oder Barsche – die hier in größeren Mengen vorhandenen Karauschen haben noch keinen rechten Appetit. Mit den meisten Männern wechsle ich einige Worte, weil wir einander aus langjährigem Treffen kennen. Erfahre unter anderem auch, wer vor allem von den älteren nie wieder ans Wasser kommen wird. Aber so ist das Leben…
Weil ich heute frühzeitig unterwegs war, trafen wir die Hundebesitzer vor allem auf dem Heimweg. Ich sah dann deutlich, welche Tiere uns entgegenkamen und konnte mich darauf einrichten, entweder meinen Kai heran zu rufen oder ihn unbesorgt dem anderen Tier entgegengehen zu lassen. Denn die meisten Schäferhunde und sogar die große blaue deutsche Dogge sind absolut friedlich gegenüber meinem alten Rüden.
Weil die Chefin für einige Tage zu Freunden gereist ist, konnten wir unseren Weg etwas eigenwillig wählen. Nach Hause zurückgekehrt, musste deshalb der Kai unbedingt in die Badewanne. Um die Pfoten abzuspülen, welche von guter ukrainischer Schwarzerde voll waren. Erstaunlich ist immer wieder, dass unser Tier offensichtlich an den mit der Erde verschmutzten Wasser Geschmack findet. Er trinkt es gierig. Offensichtlich sind darin Mineralien enthalten, welche er sonst nicht bekommt. Aber er kann mir darauf nicht antworten… Nachdem er sein Futter bekommen hatte, ging ich auf den Basar. Bekam die schmackhafte Hausmachersülze und freute mich über den Busch Koriander, den ich an einem Marktstand etwas versteckt in der Ecke kaufen konnte.
Zu diesen kleinen Freuden kam dann eine größere. Wir hatten im Herbst ein paar Schuhe für den Sommer gekauft, die ich aber nicht mehr hatte eintragen können. Also veranlasste mich meine liebe Frau, damit jetzt zu beginnen. Wie recht hatte Johann Wolfgang von Goethe mit seiner Bemerkung „Für einen betagten Mann sind ein Schoppen guter Rotwein und lange getragene Schuhe etwas besonders Angenehmes.“ Als ich die neuen, leichten Schuhe daheim von den Füßen streifte, freute ich mich darüber, dass die Quälerei zeitweilig ein Ende hat.

Bleiben Sie recht gesund!

Ihr

Siegfried Newiger





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