Aus dem Leben eines Tauge-noch-was 2


Die Tatsache, noch gebraucht zu werden, kann nicht dazu führen, die Freuden des Alltags zu übersehen. Denn der Robert Browning hat Recht: „Jede Freude ist ein Gewinn, und wenn er noch so klein ist.“

Die erste gleich nach dem Aufstehen. Zwei Wochen außer Haus mit Männern an einer Spezialaufgabe – da geriet das Essen – und auch das Biertrinken – außer Kontrolle. Ergebnis: 3 Kilogramm über dem „Wohlfühlgewicht“. Nach einer Woche „Raubtier-Diät“ – ein Kilo davon wieder weg. Also weiter auf reich-weil-gesund.com „Die Raubtier-Diät“ mit gutem Gewissen empfehlen.

Heute früh war es schon recht heiß – Spaziergang also nur in Shorts. Wegen der Elastikstrumpfhosen zur Vorbeugung von Thrombose leider doch in Strümpfen und Sandalen … Werde mir etwas einfallen lassen müssen, um wieder barfuß laufen zu können.

Weit vor uns der Besitzer einer weißen Alabaihündin mit schwarzem Augenfleck rechts und ihrem Gegenstück, einem Mops. Als wir an einer Bucht ankamen, schwamm er bereits. Die unentschlossene Hündin – die Ahnen sind Schutzhunde in der Steppe, also an Schwimmen im Wasser nicht so gewöhnt – stand bis zum Bauch im Wasser, einen Meter hinter ihr der feige Mops. Ein lustiges Bild.
Auf dem weiteren Weg ein Grasbündel dort, wo nach meiner Auffassung ein Grenzstein stehen müsste. Den erkannte ich darunter auch beim Näherkommen. Irgendein missgünstiger Trottel hatte auf dem schmalen Pfad versucht, einen Radfahrer zu Fall zu bringen, indem er das Hindernis „tarnte“. Nach dem Wegräumen wanderten wir weiter. Der Hund hatte es gut – durfte nach Herzenslust baden gehen …
Zurücklaufend, sahen wir die Alabaihündin neben dem Herrchen schwimmen – der arme Mops stand winseln wie vorher fest in Ufernähe. Ich rief ihn heran – er kennt uns und kam. Nach ein wenig Streicheln nahm er wieder seine Wartestellung ein – erneut winselnd.

In meinen zweiten Reisepass musste mein Aufenthaltstitel für die Ukraine eingetragen werden. Wir kamen mit Natascha gegen 10.30 Uhr in das dafür vorgesehene Amt für Meldeangelegenheiten. Hier ist das deutsche automatisierte Anmeldenummersystem noch nicht eingeführt. Alles läuft durcheinander, sich sowohl seinen Platz vor dem Büroraum als auch vor der Kasse und so weiter in so genannter „lebendiger Reihe“ zu sichern. Man fragt nach dem zuletzt gekommenen, stellt sich kurzzeitig hinter die Person, merkt sie sich, bittet dann diesen Platz als „besetzt“ Dritten mitzuteilen und wiederholt die Prozedur noch in ein bis drei „Schlangen“. Konflikte sind vorprogrammiert … Bei der Hitze auch schon so „dicke Luft“ im wahrsten Sinne – nichts für Herzkranke …

Als wir nach 45 Minuten dank glücklicher Fügung dem Ausgang zugingen, trafen wir Tanja. Die Frau unseres am 17. März verstorbenen Freundes. Sie sieht wieder gut aus, was ich ihr nach der Begrüßung auch sagte. Ein dankbarer Blick. Die Witwe hat Probleme – mit der Einsamkeit, vielen Formalitäten in der Erbregelung und anderes mehr.  Wir boten ihr an, sie im Auto mitzunehmen bis zum Gebäude der Versicherung, wo sie hin wollte. Unterwegs versprachen wir, nach unserer Charkow-Reise unbedingt bei ihr vorbeizuschauen. Bevor sie ausstieg, fragte sie: „Siegfried, ist in Deutschland Doppel- und Dreifachehe erlaubt?“ Wir verneinten mit einer Stimme. Sie: „Schade. Sonst hättest du mich als Zweitfrau heiraten können.“ Wir lachten etwas gequält – sie auch, bevor sie sich verabschiedete. Natascha sagte danach: „Erstaunlich, dass du betagter Herr noch gefragt bist.“ Ich war einerseits geschmeichelt – aber wie sieht es in jemandem aus, der sich so äußert? Victor Hugo: "Die ganze Hölle ist in dem einen Wort geborgen: Einsamkeit."

Bleiben Sie recht gesund!

Ihr

Siegfried Newiger




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