Generalprobe Weltuntergang überlebt...


        Wir hatten unsere Abenteuer bei der Fahrt nach Deutschland - beschrieben im Post "Das ist fast unwahrscheinlich..." auf diesem Blog. Von unseren Erlebnissen dort nur zwei: der Weihnachtsmarkt am Gendarmenmarkt in Berlin am Sonnabend, dem 08. Dezember 2012 war eine Katastrophe.  Gegen 15 Uhr - ein Glück, dass die ineinander regelrecht verkeilte Masse der Besucher auch auf die Toilette wollte und uns so für die Frauen in die richtige Richtung drückte. Wir Kerle machten gleich auf Solidarität. Von Angeboten ruhig etwas anzuschauen - keine Chance. Mir fiel spontan ein, was der österreichische Pfarrer und Schriftsteller Kurt Marti mit Blick auch auf solche "Spektakel" kurz und knapp, aber deutlich formulierte: "Die Ware Weihnacht ist nicht die wahre Weihnacht."

        Als wir am Kudamm (Gedächtniskirche) den Glühwein a la Heinz Rühmann`s "Feuerzangenbowle" probieren wollten, kamen wir in einen bewärmten Raum. Dort waren auch Frauen anwesend. Unseren wurden Plätze angeboten, genauer hohe Hocker zum Hinstellen an freiem Platz. Erst als unsere beiden Jungs mit dem Glühwein kamen, bemerkten wir, dass wir uns unfreiwillig in den Treffpunkt anders orientierter Männer eingeschlichen hatten. Unter Anderem auch daran, dass sich einige zur Begrüßung oder zum Abschied küssten. Allerdings ist die dort sichtbare rosa Dekoration in der Ukraine das Kennzeichen lesbischer Damen...

        Wenn jetzt jemand voreilig meint, das wäre prägendes Erlebnis für des Titel dieses Post - kein Stück. Wir sehen die Welt inzwischen vorurteilsfreier - ich habe meinen Teil dazu eingebracht. Eine einzige Bemerkung kann das verdeutlichen. Unser Gast formulierte nach dem zweiten Glas voll "Feuerzangenbowle": "Der Glühwein hier schmeckt besonders gut. Wahrscheinlich mit Liebe gemacht." Seine Süße war nicht ein bisschen eingeschnappt, sondern lachte auch.

        Am Morgen des 11. Dezember machten wir uns wieder auf den Heimweg. Im Auto. Die Straßen und Autobahnen in Deutschland und Polen waren gut beräumt, wir kamen zügig voran. Der Grenzübergang diesmal mit etwas Ärger. Pavel hatte seine Probleme mit der westukrainischen "Solidarität" an der Grenzübergangsstelle. Für dran nicht gewöhnte Westeuropäer: das ihnen schon nicht mehr bekannte Warten vor Grenz- und Zollkontrollen bei Überschreiten von Staatsgrenzen führt dazu, dass lange Warteschlangen entstehen und allgemein aggressive Stimmung herrscht. Jede/r will "rascher durch" - verständlich.
        Die Fahrer aus dieser Region kennen sich häufig untereinander gut. Also werden in der Warteschlange kleine Lücken gelassen. Kommt ein Kumpel von weit hinten heran und fragt per Handy nach, bekommt er die Position vorne mitgeteilt. Dann fährt er - manchmal auch sie - an den anderen vorbei und ordnet sich so ein, dass er bei einer Vorwärtsbewegung der Schlange sich in den vorgemerkten Bereich einschieben kann. 
        Weil das aber kein Einzelfall ist, da nicht wenige Leute den "kleinen Grenzverkehr" als fast einzige Erwerbsquelle nutzen (Preisgefälle oder Schmuggel), sind die "Zwischenschieber" für nicht gerade wenige Leute ein Ärgernis. Wenn da ein an dieses Verhalten nicht gewöhnter Heißsporn mit im Auto sitzt, welcher am liebsten seine persönlichen Regeln auch mit den Fäusten durchsetzen möchte, nervt das ein wenig...

        Der so auf rund zwei Stunden verzögerte Grenzübertritt hatte zur Folge, dass im Hotel auf ukrainischer Seite gleich nach der Grenzstation keine Betten mehr frei waren. Also die rund 70 km nach Kovel fahren, der ersten Stadt auf unserem weiteren Weg. Dort kamen wir in einem Hotel unter, das die Erneuerungswelle zu den Fußball-Europameisterschaften unbeschadet überstanden hat. Zum Preis von 6 € pro Nase konnte wir eine Nacht in der Vergangenheit verbringen. Zwar alles sauber - aber abgenutzt und abgewohnt. Die Kleiderhaken teilweise abgebrochen, Betten quietschten unerträglich, die Wandfarbe zutiefst pessimistisch dunkel, Warmwasser ließ sich den Hähnen nicht entlocken... Mir sehr bekannte Sowjetnorm.

        Wir haben aber geschlafen und uns danach wieder auf den Weg gemacht. Die Straßen teilweise normal beräumt oder zumindest durch den Fahrzeugverkehr schneefrei gemacht - bis wir in die Zentralukraine einfuhren (etwa das Gebiet von Shitomir). Dort und auch in Kiew hatte es vorher heftiger geschneit. Die Räumkräfte hatten es mit ihrer Technik nicht schaffen können. Relativ zentrale Straßen noch leidlich befahrbar - aber wir mussten auch Nebenstraßen nutzen. Mit mehr als 40 km/h nicht zu befahren. Die Heimkehr begann sich zu verzögern...

        Als wir etwa 30-35 km von daheim entfernt waren, rief Pavel plötzlich: "Mutti,gib Gas!" so laut, dass sie das instinktiv auch tat. Der unter seiner Schneelast fallende Baum erwischte uns aber doch. 
        Ergebnis: das Dach eingebeult, auch die Motorhaube und die Türen der rechten Seite, beide Seitenspiegel abgerissen, der Kühlergrill zerlegt und die Frontscheibe geplatzt. Wir drei gesund, aber geschockt. Vor uns und dem Hindernis Baum hielten auf beiden Seiten sofort einige Fahrzeuge  Man bot uns Hilfe an, die wir dankend ablehnen konnten. Allerdings überließen wir es den anderen, sich die Straße frei zu machen.

        Das war unsere Generalprobe für den im Verlauf meines Lebens schon so häufig vorhergesagten Weltuntergang. Hiermit versichere ich: sie ist positiv verlaufen. Da muss die Vorstellung gegen den Baum gehen. Findet einfach nicht statt... --)).

Bleiben Sie recht gesund!

Ihr

Siegfried Newiger





        

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