Luxus


        Auf der Straße sind - 14 Grad Frost. Nicht gerade umwerfend, aber die Leute sind dennoch dick vermummt. Auf dem Basar kaum VerkäuferInnen an den kleinen Kiosken oder einfach nur rohen Tischen aus Holz, Metall oder Plastik. Es harren dick angezogen an frostig-frischer Luft  nur jene aus, welche mit ihrer Ware nicht umziehen wollen in die Halle - oder denen die Platzmiete dort drinnen zu hoch ist.

        Die Juristin aus dem Nachbareingang stellt die Frage unter ihrer Pelzkapuze hervor: "Ist ihnen nicht kalt?" Meine erstaunte Rückfrage beantwortet sie damit, dass sie meine Bekleidung als "zu leicht" einschätzt. Da ist sie in guter Gesellschaft. Meine Frau meint das auch.
        Daheim diskutiere ich das nicht mehr, sondern brumme nur etwas in den nicht vorhandenen Bart.  Der Nachbarin erkläre ich freundlich, dass ich bei raschem Spaziergang nicht schwitzen möchte. Denn da besteht anschließend die Gefahr, sich nach dem Ausziehen doch zu erkälten. Das Kompliment, konsequent den Kurs auf Abhärten beizubehalten, nehme ich mit Genugtuung zur Kenntnis...

        Eine der wenigen Frauen, die standhaft an ihren Stand aushalten, ist Katja. Die etwas über 40 Jahre alte Verkäuferin von Fisch und Fischprodukten. Seefische, gefroren, eingelegt, gesalzen, geräuchert. Als ich gestern die Konserven vom uns außerordentlich schmackhaften Makrelenhecht (Saira / сайра) bei ihr im Angebot sah, wollte ich mindest eine Büchse kaufen.
        Sie hätte die Packliste noch nicht gelesen, könne den Preis nicht nennen. Ich solle aber die Büchsen nehmen - denn es gäbe dafür immer sehr viele Interessenten. Besonders so kurz vor dem Neuen Jahr. Bezahlen würde ich nicht vergessen - das wisse sie genau.

        Als ich heute meine Schulden bezahlen wollte, nannte Katja einen etwa dreifachen Preis. Ich war schockiert. Sagte das auch. Sie lachte: "Haben sie die Ware? Wollten sie die unbedingt? Werden sie nicht bezahlen?" Ihre Fragen prasselten nur so auf mich ein. Dann begann sie zu lachen, als ich meine Argumente vortrug. "Siegfried, hier ist heute fast kein Mensch. Die Büchse kostet nur 12 Hrywna (etwa 1,20 Euro). Aber ich wollte mich nur ein wenig länger mit einem angenehmen Menschen unterhalten. Ist sonst so langweilig."
        Da musste auch ich lachen.Nach dem Bezahlen gönnten wir uns noch etwas "Luxus menschlichen Umgangs" wie SaintExupery ein gutes Gespräch charakterisiert hatte.

Ihnen wünsche ich ebenfalls so preiswerten, aber aufbauenden Luxus!

Bleiben Sie recht gesund!

Ihr

Siegfried Newiger






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